Tag 7:
Nach dem wir am Vortag 5x die 2000er-Marke durchbrochen haben inkl. des speziellen "Höhe"-punktes in Form der
3 Zinnen, sollte der heutige Tag etwas ruhiger verlaufen. Also modifizierten wir flux die ursprüngliche Tag-7-Tour, sodass nur noch 2 Pässe zu befahren sind:
San Pellegrino und
Fedaia.
Charlie ist am morgen "fit wie ein Turnschuh", während bei mir zum Ziehen im rechten Knie sich ein Ziehen im linken Knie gesellte. Wahrscheinlich aus Symmetrie-gründen ...
Zum Glück geht es zunächst ca. 20km und 200hm bergab nach Moena. Das Wetter ist schön warm und die Sonne scheint - super, zumindest in der Abfahrt. Von Moena geht es malerisch durch den Wald und entlang eines Baches nach
San Pellegrino. Ob hier dieses Mineralwasser her kommt? Nun zeigen sich langsam aber sicher die Nachteile der hochsommerlichen Hitze. Ich bin über jeden Baum dankbar. Besonders wenn ab und an über 10% auf dem Edge zu lesen sind. Das letzte Stück geht schnur-gerade aus ohne Bäume am Wegesrand zur Passhöhe auf 1918m ü. NN, wo Charlie bereits auf einer Bank auf mich wartet. Das erste Drittel dieser Bergstrecke bin ich sehr vorsichtig angetreten, aber die Beine hielten und als der Tritt gefunden war, verschwanden auch die Zipperlein.
See bei Moena.
Charlie ahnte wohl, dass Pässe fahren bei diesen Temperaturen und aufgrund der Belastung vom Vortag nicht mehr taufrischen Beine für den weiteren Verlauf der Tour problematisch sein könnten. Er schlug vor, den Pass wieder Richtung Moena herunter zu fahren und sich 2h an den malerischen Bergsee zu legen mit anschließender Heimfahrt. Da ich aber unbedingt den
Marmolada-Gletscher sehen wollte und auch sonst guter Dinge war, setzten wir unsere Tour fort. Bevor wir uns in die Abfahrt stürzten, unterhielten wir uns noch mit ein paar Einheimischen. Diese schwärmten vom Giro der auch über diesen Pass führte und meinten, dass wir die schwerere Seite des Pellegrino gemeistert hätten. Noch ein paar Grüße und etwas Smalltalk auf Englisch und los ging es die vermeintlich einfachere Abfahrt hinunter nach Falcade. Der Rentner muss wohl gescherzt haben! Jedenfalls sind wir bei stellenweise 20% beim Bremsen in den Tornante fast über'n Lenker geflogen!
Bis fast 800m ü. NN ging es hinab. Im Tal gab es Cola, Kaffee und die Flaschen wurden gefüllt.
Eins war nach der Abfahrt und einem Blick auf das zu absolvierende Höhenprofil zum Passo Fedaia klar: aus dieser Senke kommt man nicht so schnell wieder hinaus! Was soll's, wir mussten so oder so auf die andere Seite! Das Thermometer zeigte mittlerweile 36°...
Ca. 1250hm liegen vor uns und
das Höhenprofil gleicht einer e-Funktion. Zum Fedaia geht es gemächlich aufwärts und anfangs flach an Seen entlang. Das bedeutete nichts Gutes, da immer weniger km/hm übrig blieben.
Im letzten Dorf bevor es "los" geht, sind viele hübsche Metallskulpturen ausgestellt, die ich leider nicht fotografiert habe. Nach ein paar Kehren im Wald folgt ein Tunnel - alles noch mit moderaten Gradienten. Danach wird es brutal: keine Bäume mehr, keine Serpentinen - dafür 2-stellige Neigungsprozente und Gluthitze. Ich schwitze mehr als ich Trinken kann. Meine 2 Trinkflaschen waren im Nu alle und die Trittfrequenz unter 50 gesunken. Nach ca. 2/3 der Strecke kam eine Seilbahnstation mit Kneipe - Pause! Das war kurz vorm Hitzschlag. Ich murmelte verwirrt etwas in meinen Bart und laufe an der Bedienung vorbei in Richtung Bad. Nach ein paar Schluck Wasser und Erfrischung aus dem Hahn zeige ich auf die Karte mit dem Wassereis - Sorte egal, Hauptsache kühl und keine Zeit mit der Auswahl vergeuden... also bekomme ich auf einem Teller ein Wassereis am Stil mit Minzgeschmack serviert. Ekelhaft! Aber kühl!
Charlie habe ich per SMS von der Pause informiert, damit er sich keine Sorgen macht. Und dann geht es weiter. Mit Mühe und der Hilfe der Hauswand in die Pedalen geschlüpft und von einem 15%-Schild begrüßt. Immerhin hat man sich ab jetzt die Mühe gemacht und ein paar Kurven in den Berg geschnitzt.
15%!
Serpentinen.
Noch ein 15%-Schild und einer Fotopause später ist der Passo Fedaia und mit ihm Charlie erreicht. Wir sind beide ziemlich k.o. und haben für heute und diesen Alpenurlaub unseren Hunger nach Bergen, Pässen oder sonstigen Anstiegen gestillt! Zur Belohnung gab es noch den Blick auf den Gletscher, den Stausee auf Passhöhe und von der Staumauer ins Tal.
Passo Fedaia - endlich!
Marmolada-Gletscher und Stausee.
Es folgte die Abfahrt nach Penia und Canazei durch Tunnel und nur etwas gebremst durch Autofahrer. Heute bis dahin alles ohne Stunts!
3km vor dem Campingplatz drückt mich dann doch noch fast ein Auto, was mich gerade überholt hatte gegen die Bordsteinkante. Charlie hinter mir sieht das und schreit nur noch: "Hau gegen die Scheibe!" - Ich folge brav seinem Rat und springe dann den Bordstein hoch ...
Dann ist der Zeltplatz erreicht und sonnen angesagt!
Neeeeiiin! - Kein Bier im Kühlschrank!
Sonnen.
Am Abend genießen wir noch das Flair von Canazei, stoßen mit einem Glas Wein zur Pizza an und essen leckeres Gelato.
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Am nächsten morgen geht es mit dem Wohnmobil über das Sellajoch nach Hause Richtung Brenner.
Bilder von Tag 8 - Abreise
Was für ein Urlaub!