Hell, dunkel, hell, Frohburg, dunkel

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Floeri
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Re: Hell, dunkel, hell, Frohburg, dunkel

Beitrag von Floeri » Fr 24. Jun 2011, 12:13

Speedy, :anbetung: ein wahrlich meisterhaft und stilistisch höchstwertiger Bericht :prost: .
Von nun an werde ich nur noch von Marathoni berichten, die hiermit vergleichbar natürlich nur ein Sprintrennen sein werden :D

Ach ja: Deine Leistung ist ebenfalls atemraubend :ohnmacht:

Grüße, Floeri

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sippe
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Re: Hell, dunkel, hell, Frohburg, dunkel

Beitrag von sippe » Fr 24. Jun 2011, 12:16

@Peso: Stimmt, die hab ich doch glatt vergessen! :pfeif:
"will halt auch dabeigewesen sein"-Fahrer :-D

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Speedy
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Re: Hell, dunkel, hell, Frohburg, dunkel

Beitrag von Speedy » Fr 24. Jun 2011, 14:07

Hallo sippe, sorry für die späte Antwort.
sippe hat geschrieben:Was mich interessiert ist, ob Strecken über 400km auch fixer gefahren werden (können)? Fix im Sinne von >25km/h im Schnitt. Wenn ich mir die eingebauten Höhenmeter (>7000hm) anschaue, könnte das Abschnittsweise schwierig werden ... ;-)
Selbstverständlich können sie das: Der Rekord für P-B-P liegt bei unter 40 h.
Wir waren beispielsweise bis auf den Brocken mit einem Nettoschnitt von 28,5 km/h unterwegs (27 km/h Brutto).

Es soll nicht als Ausrede herhalten, aber die Existenz eines kleinen Motivationsloches nach dem Gipfel kann ich nicht verhehlen. Man wählte daher für die Nachtfahrt eine gefühlt zügige Reisegeschwindigkeit (im Flachen um die 30 pendelnd) und kurbelte die Hügel ohne Kampfambitionen hoch/herunter.
sippe hat geschrieben:Hattest du einen Garmin o.ä. dabei? Mich würde die Pulskurve und weitere Statistik interessieren.
Ich persönlich nutze das Garmin nur als Navi. Sollte mein Begleiter hingegen eine vollständige Aufzeichnung besitzen, werde ich mich an dieser Stelle erneut melden.
sippe hat geschrieben:Wie kommt einem die Befahrung so einer Strecke subjektiv vor - seit ihr relativ schnell gefahren oder eher locker und entspannt?
Nun, wie oben schon angedeutet erfolgte die Nachtfahrt größtenteils im Kuscheltempo. Speziell waren die kühlen Morgenstunden - nämlich einhergehend mit schweren Augenlidern und dem Wunsch, doch mal ein Stündchen ohne Pedalkontakt in der Morgensonne zu verweilen. Folglich ging es bis zu unserer oben erwähnten Waldzunge relativ locker zu. Der weitere Streckenverlauf bis zum Autohof Berg war ein Mix. Unsere Gruppe bestand aus 4 Leuten; darunter zwei gute "Pusher" und zwei eher weniger aggressive. Also fand man einen Kompromiss und blieb zusammen.

Die restlichen Km bis (erstmal) nach Meerane verliefen erneut zweigeteilt.

Gruppetto und flach: circa 32 km/h
Hügel: Jeder nach Lust und Laune
Kopfsteinpflaster: ohne Worte

Ab Meerane, das Ziel quasi in Greifweite, wurde es dann gewohnt hektisch. Tempoverschärfungen und no mercy an Hügeln bescherten einen 32er auf den letzten 30 Kilometern und führten zu einer Sprengung der Gruppe.
Als Quintessenz muss ich dir sagen - ein paar richtig harte Momente ausklammernd und die Tatsache berücksichtend, dass Menschen im Nachhinein gern das Negative verdrängen - wäre mehr drin gewesen. ABER, lieber sippe, im nächsten Jahr kannst du, können wir die Session gerne erneut - und dann einmal konsequent, sprich mit Grenzneugierde - angehen.

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Re: Hell, dunkel, hell, Frohburg, dunkel

Beitrag von sippe » Fr 24. Jun 2011, 17:22

Danke für deine Antwort, Speedy.
Ich wollte dir keinen Fehdehandschuh hinwerfen! ;-)
Mit Streckenlängen bis ca. 400km hab ich bereits Erfahrung. Da kommt man noch ohne dieses hell-dunkel-hell aus...
Prinzipiell hätte ich schon mal Lust mich dieser Erfahrung auszusetzen. Mal schauen, ob es im nächsten Jahr schon so weit ist oder ob ich mich da lieber noch etwas bei den C-Luschen verprügeln lasse :D
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Re: Hell, dunkel, hell, Frohburg, dunkel

Beitrag von Speedy » Sa 25. Jun 2011, 11:45

sippe hat geschrieben:Ich wollte dir keinen Fehdehandschuh hinwerfen! ;-)
Hehe.
sippe hat geschrieben:Mit Streckenlängen bis ca. 400km hab ich bereits Erfahrung. Da kommt man noch ohne dieses hell-dunkel-hell aus...
Prinzipiell hätte ich schon mal Lust mich dieser Erfahrung auszusetzen. Mal schauen, ob es im nächsten Jahr schon so weit ist oder ob ich mich da lieber noch etwas bei den C-Luschen verprügeln lasse :D
Dann dafür weiterhin good luck... :hut:

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Re: Hell, dunkel, hell, Frohburg, dunkel

Beitrag von Speedy » Mi 10. Jun 2015, 11:46

*Push*

Am Freitag fahre ich wieder mit. Und bzgl. "Elbspitze": Wir haben keine Begleitfahrzeuge, führen Verpflegung und Anderweitiges am eigenen Rad. Autarkie und Selbstverantwortung sind die Merkmale des echten Randonneurs.

Bis zum neuen Bericht...

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Re: Hell, dunkel, hell, Frohburg, dunkel

Beitrag von Speedy » Di 23. Jun 2015, 13:57

Mit Ausnahme der Startzeit (18.35 Uhr) vollzieht sich das Prozedere bis zum Süßen See analog zum Premierenbericht (siehe Thread-Anfang). Nettes Gruppenrollen, erstes Futterfassen in Teutschenthal, Individualisierung ab Seeburg, fast allein ab Harzgerode.
01_600K_2015_RRL-Bericht.jpg
Kurz vor Teutschenthal.
Die Führungsgruppe nimmt mich nach überlebter Kopfsteinmarter von Hedersleben und Bagel-Verzehr aus dem Eichhörnchenrucksack in Klostermansfeld auf, zügig nähern wir uns Harzgerode. Meine Prämisse für diesen Brevet hat noch Bestand, ich strebe minimale Unterbrechungen bei gleichzeitiger Fahrt im oberen Leistungsdrittel an. Derartige Philosophien teilen einige der etwa 40 Teilnehmer umfassenden Randonneursgemeinde - gemeinsam rollt es deswegen aber nicht automatisch. Klar, im Flachen versteckt es sich leicht im Feld, erst im Hügeligen treten die wahren Unterschiede zu Tage, pardon, in den Scheinwerferkegel. Ich liege zwischen 23 Uhr und Mitternacht meist auf den Aerobars, futtere die Salatration aus der rechten Rucksacknetztasche, überlege, mir ein Hörbuch zu gönnen. Es ist eine ruhige, windstille Nacht. Die Temperaturen erlauben lange Zeit das Fahren mit Arm- und Beinlingen, meine Jacke verbleibt auf dem Rücken. Dass die Führungsgruppe abreißen lässt nehme ich zur Kenntnis, wenngleich es mich verwundert. Nur drei Polen bleiben bei mir, kurbeln einen ähnlichen Rhythmus am Berg. Wir verständigen uns über Französisch(!!!)-Brocken, Englisch verstehen sie - alle Ü50 - leider nicht.

Irgendwo zwischen Treseburg und Wendefurth wird aus dem Quartett ein Duo, 1.43 Uhr überqueren wir beide die Rappbodetalsperre. Im Februar war ich zuletzt in der Region, joggte morgens über die Staumauer, eine dünne Schneedecke lag auf den Waldwegen. Die jetzige Nachtfahrt durch das Bode-Städtchen (mit einer aktuellen Straßensperrung neben der Hermannshöhle) war insofern besonders, als dass mir im Winter unsere derzeitige Konstellation nicht im Traum in den Sinne gekommen wäre. Dort ist der Bäcker, der uns damals samstags um 8.45 Uhr mit Bergsteigerbrot, Croissants und Brötchen für die Tageswanderung ausstattete; dort, links neben mir, rollt nun am 13. Juni um 1.57 Uhr ein Pole auf blauem Trek mit mir zum Brocken. Das Leben ist schon verrückt.

An der Kalten Bode in Schierke befülle ich eine kleine Trinkflasche für die finalen Kilometer bis zum ersten Checkpoint. Die Brockenstraße hüllt sich in Dämmerlicht, vereinzelt treten Zweierteams mit Wanderstöcken aus dem Dunkel des Waldes. Meine neugierige Nachfrage bestätigt die Vermutung: Sie möchten den Sonnenaufgang auf dem höchsten Berg Norddeutschlands geniessen.
02_600K_2015_RRL-Bericht.jpg
3.45 Uhr auf dem Brocken. Wernigerode und abnehmender Mond.
03_600K_2015_RRL-Bericht.jpg
Für sowas haben wir keine Zeit, nach Abholung des Stempels in der Wetterwarte um 3.45 Uhr und Handyfotos mit Puzzlecharakter wartet nämlich der Kyffhäuser.
Welche Entscheidung ist richtig? Mit den Freunden fahren oder eisern den eigenen Vorsatz durchziehen? Ich werde ab Kilometer 221 bis zum Schluß keine überzeugende Argumentationslinie Pro/Kontra konstruieren können. Pro sind definitiv die Windschattenoptionen und Gespräche. Kontra der Teilverlust meiner Prämisse.

Im Folgenden ein paar Eckdaten:
300 km - 7.45 Uhr - Kyffhäuser
373 km - 11 Uhr - Bad Sulza (Kontrolle 2, frei wählbar)
498 km - 18.06 Uhr - Autohof Berg (Kontrolle 3)
587 km - 22.21 Uhr - Meerane (Kontrolle 4, Shell-Tankstelle)
630 km - 0.40 Uhr - Frohburg (Endkontrolle, Total-Tankstelle)

10.08 Uhr endet für uns zwischen Tauhardt und Braunsroda die bis dato, zumindest was die Straßenoberfläche anbetrifft, trockene Reise. Mit dem Erreichen einer aus SW durchziehenden Front sollen uns nämlich im weiteren Brevetverlauf bis in die frühen Morgenstunden gewitterartige Niederschläge auf Trab halten. Der eine oder andere kommt ins Grübeln, welchen Sinn das An- und Ausziehen seiner Regenbekleidung bei diesen schülwarmen Bedingungen noch hat. Jener vergaß seine Sonnencreme und mutiert infolgedessen während der locker bewölkten Intermezzos zum klar erkennbaren Radfahrer mit Sparbräunung.
04_600K_2015_RRL-Bericht.jpg
Ein Gewitterschauer mit Hagel vor Stadtroda.
Um ehrlich zu sein: Ab Kilometer 500 fehlt mir die Motivation. Hügel kann ich problemlos treten, der Energienachschub passt, die Müdigkeit wird vom noch vorhandenen Adrenalin in erträglichem Maße unterdrückt. Und dennoch: Wenn das persönliche Ziel (24 h) außer Reichweite ist, heißt Ankommen nur noch Ankommen.

Verpflegung:
5.1 l Wasser, 1.5 l Cola
8 Doppelschnitten mit Weich- und Hartkäse, zwei Bagel mit Frischkäse-Salat-Füllung, eine Tüte Gemüse, 8 Riegel mit 32 % Proteingehalt, zwei Äpfel, eine Banane, eine Packung Kekse

630 km
6.736 hm
26:40 h Netto
30:05 h Brutto
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19.15 Uhr: Auf dem Weg ins Vogtland.
Die Strecke
Audax Sachsen
Paris-Brest-Paris

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