Ötztaler Radmarathon 2014
Verfasst: Di 2. Sep 2014, 12:55
Am vergangenen Sonntag war es für mich soweit, dass ich mich zum ersten Mal bei einem Radmarathon an den Start gestellt habe.
Die Idee am Ötztaler teilzunehmen bestand für mich schon seit einigen Jahren und dieses Jahr hatte ich sportliche Lust und monetären Willen zumindest ein Los (Kosten 5,90€) für einen möglichen Startplatz zuziehen. Es gibt Leute, die es fieberhaft über mehrere Jahre versuchen, bei mir klappte es gleich mit dem ersten Versuch auch mit einer Teilnahme. Bei 129€ Startgeld plus Kosten für Anreise und Unterkunft war ich mir schon im Klaren, dass man diesen Marathon nicht mit einem normalen Radrennen gleichsetzen kann. Denn sonst bin ich als Amateurradsportler nur Startgelder von 10€ gewöhnt.
Nach Dienstende ging es am Freitag von Mannheim zunächst in die Metropole Illertissen, wo Manu schon auf mich wartete um dann den finalen Schritt zum Appartement im Ötztal zufahren. Nachdem Bezug des Zimmers ging es mit dem Rad nach Sölden zur Startnummernausgabe. Vorab hatte ich dem Veranstalter schon nach den Qualifikationskriterien für einen der vorderen Startblöcke gefragt.
- Startblock: 1A sind die Promis und Stars der Szene
- Startblock 1B sind Leute, die Qualifikationszeiten bei Radmarathons haben
- Startblock 1C: weitere Zulassungen
Mit meiner persönlichen Radsportvita pilgerte ich also zum Rennleiterbüro und man erachtete mich für fähig im Startblock 1C zu starten. Damit musste ich mich zumindest nicht im normalen Startbereich aufstellen und konnte mich „vorne“ anstellen. Die Startnummernausgabe verlief angesichts der großen Starterzahl sehr zügig und gut organisiert. Die ganze Veranstaltung ist in Sachen Organisation überhaupt sehr vorbildlich. Es ist halt eher ein Event für den Breitensport mit einem Zuschlag an Spitzensportlern als ein herkömmliches Radrennen. So kann man nachträglich anhand seines Transponders die Zeit an allen Anstiegen einzeln ersehen, genau wie die Position, die man zu diesem Zeitpunkt im Rennen hatte. Ein schönes statistisches Schmankerl für die Zahlenfraktion.
Am Samstag fuhr ich dann von Sölden auf das Timmelsjoch und machte ein paar Fotos im nebeligen Dunst, bevor ich mich wieder auf die Abfahrt begab. Interessanterweise traf ich Sven Baumann, den ich aufgrund seiner Zeit in den USA seit 2011 nicht mehr gesehen hatte und dann trifft man sich bei einem Supermarkt in Sölden. Die Welt ist halt klein.
Rene Wutzke und Oliver Ginther sah ich ebenfalls beim finalen Warmfahren.
Am Sonntag war 6:45 Uhr zu einer wahrhaft unsittlichen Zeit Start und so stand ich 4:45 Uhr auf … noch viel unsittlicher.
Aufgrund der besonderen Versorgungssituation hatte ich so viel Zeug mit wie noch nie bei einem Rennen mit. Es war irgendwie eine Mischung aus Material für eine große Trainingsrunde plus Rennverpflegung. So schleppte ich in meinen drei Trikottaschen ein Paar Handschuhe, eine Regenjacke, Reifenheber, ein Multitool, eine Luftpumpe, acht Riegel und zwei Gels mit. Dazu kamen noch zwei 0,75l Trinkflaschen und ein Schlauchreifen am Rad.
Um 6:15 Uhr war ich in Sölden und bezog meinen Startblock 1C. Ich stand ungefähr bei Position 300, aber immerhin besser als auf Position 2679 in Startblock 2. Mit 6 °C war es kühl, aber immerhin von oben trocken. Nur die Straßen waren an manchen Stellen noch nass. Dann fiel pünktlich der Startschuss für die 238 km und 5500 hm und es ging zügig Richtung Oetz. Die Fahrweise war für mich sehr angenehm. Es gab keine übertriebende Hektik und bis auf 2 Stürze war es erstaunlich ruhig. Ich fuhr ungefähr bis auf Position 100 vor. Dort wartete dann mit dem Kühtai der erste Anstieg (17,3 km mit 1200 hm). Es trennte sich schnell die Spitze vom Rest des Feldes und jeder fuhr sein Tempo. Ich selber robbte zur Spitzengruppe, die aus ungefähr 45 Fahrern bestand und es ging zügig und für mich im Ekeltempo berghoch. Immer wenn es steiler als 10% wurde fiel ich ab um mich auf den Flachstücken wieder zurück zuarbeiten. Nicht gerade ideal, aber ich wollte mir schon die Chance auf eine schnelle Gruppe für den Brenner erhalten. Zwei Fahrer attackierten im Anstieg weg und führten als Duo das Rennen an. Ich persönlich hatte meinen ersten moralischen Tiefpunkt als ein italienischer Bergfloh am Anstieg zum Austreten anhielt um dann in schwebender Leichtigkeit wieder den Anschluss an die Gruppe zu schaffen. Da schwante mir schon schlimmes. Oben angekommen hatte ich ein Loch zur Gruppe, aber Stefan Kirchmair, der zweimalige Sieger war auch bei mir, also hatte ich keine Panik. Außerdem kannte ich die Abfahrt und flog bergab. Die Abfahrt absolvierte ich mit der zwölftbesten Zeit und erreichte unglaubliche 114,5km/h als Spitzengeschwindigkeit. Unten war ich in der großen Verfolgergruppe und fuhr kurz alleine vorne raus, da die beiden Spitzenreiter aber 2 Minuten voraus waren, ließ ich eine sinnlose Harakiriaktion lieber weg.
Ab Innsbruck folgte der Brenner 38,2km (700hm) und wir bummelten so bergauf. Ich selber sah auch nicht gerade einen Grund hier Tempoarbeit zu verrichten. Ich schonte lieber alle Körner und ließ die Spezialisten machen. Dadurch lief unsere Gruppe wieder auf ca. 130 Fahrer zusammen. Auch Jan Ullrich und der Höhenmeter-Weltrekordler Christoph Fuhrbach (der Mann mit den Sandalen) waren wieder dabei. Von einem Italiener, der an einer privaten Labe einen Verpflegungsbeutel annahm, erhielt ich eine für ihn überschüssige Flasche. Ein weiterer Italiener tauchte mit Funkgerät auf, der den Abstand der beiden Spitzenreiter kommunizierte, da stellte ich mir schon die Frage ob die bei einem Marathon denken, dass es ein Worldtour-Rennen sei. Am letzten Steilstück des Brenners wurde dann noch einmal schneller gefahren und es zerzupfte etwas. Ich selber war erst einmal Austreten und rollte in der Abfahrt wieder in die große Gruppe zurück.
Kurz nach Gasteig folgte der dritte Berg: der Jaufenpass (15km mit 1100hm). Hier wurde jetzt Finale gefahren, zumindest von den Favoriten. Ich selber hatte deutlich zu kämpfen und schalte nach 4km in den Überlebensmodus um: gleichmäßig weiterfahren.
Oben fuhr ich als 49. über den Berg, aber gut ging es mir schon lange nicht mehr. Oben war es 7 °C kalt und sehr nebelig. Die Abfahrt vom Jaufenpass kannte ich ja nur vom Hörensagen und sie erfüllte ihren Ruf. Schlechter Fahrbahnbelag wechselte sich mit neuen Asphaltstücken ab, durch mehrere Kurven schlängelte es sich bergab und an manchen Stellen war die Straße noch nass. Mit Überschall flog auch Jan Ullrich wieder an mir vorbei.
Im Tal angekommen ging es gleich nahtlos ins Timmelsjoch über. Es warteten die finalen 31,4 km mit 1759 hm. Es ging zunächst bei milden Temperaturen und Sonnenschein durch ein schönes grünes Tal. Hier sah ich zum einzigen Mal an diesem Tag wirklich die Sonne. Ich stellte mir die Frage wann die sinnlose Quälerei wohl vorbei sei. Ein Verkehrsschild signalisierte mir 22km und da hatte ich den finalen moralischen Tiefschlag. Noch 22 km! Kaum Benzin im Tank, dazu einen schmerzenden Rücken und ein Gefühl das nichts rollt. Ich kettete 39x28 und fuhr so locker es nur ging. Immerhin meldete der Rücken leichte Entspannung. Ich quälte mich berghoch, ließ mich abwechselt überholen und überholte auch wieder einige. An der letzten Labe 7,4 km vor der Passhöhe schwapperten die Fahrer Cola aus Bechern über ihre Rahmen beim Ergreifen der Becher. Ich selber war über einen derartigen Punkt schon lange hinweg und hielt erst einmal an und tankte 3 Becher Cola und weiter ging die wilde (Schnecken-)Fahrt bergauf. Als der Teufel Didi Senft 2 km vor der Passhöhe auftauchte und etwas schrie wie: „den vor Dir holst Du noch, alles“, musste ich schon innerlich schmunzeln. Ich krieche hier auf der letzten Rille berghoch und jetzt „alles“. Mein Finale war schon früher, jetzt ist es ein Kampf ums Ankommen.
Als ich oben bin, war mir klar, dass es jetzt einfach nur bergab geht, wenn man den kurzen Gegenanstieg zur Mautstation außer Acht lässt. Die andere Seite des Timmelsjoch kannte ich von gestern bereits, nur die Schafherde auf der Straße kam neu hinzu. Ein Fahrer mit hydraulischen Scheibenbremsen beeindruckte mich dann mit seinen Abfahrtskünsten und der größeren Bremsleistung seiner Bremsanlage. Wenn ich erst dort gebremst hätte, wo er es erst musste, dann hätte ich die Bäume aus nächster Nähe gesehen.
Sölden erreiche ich im Regen nach 7:44 h. Sicherlich wäre meine angestrebte Zeit von 7:30 h ohne Motorplatzer möglich gewesen, aber auch so ist die Zeit in Ordnung. Der Fahrer, der mich in der Abfahrt abgehangen hat und unmittelbar vor mir ins Ziel kam, fragte mich nach unserer Zeit: „ca. 7:45 h“, sagte ich ihm. Daraufhin umarmte er mich und sagte, dass er diese Zeit heute gar nicht für möglich gehalten hätte und freute sich mit Tränen. Von einer solchen emotionalen Reaktion war ich Lichtjahre entfernt. Für mich war es eher: angekommen, Zeit okay, nicht gestürzt, weitermachen.
In diesem Sinne möchte ich mich bei allen Bedanken, die live mit gefiebert haben und vor allem bei denen die mich logistisch unterstützt haben, sodass die Teilnahme an diesem Event überhaupt möglich geworden ist.
Tätigkeitsnachweis auf Strava:
http://www.strava.com/activities/187888546
Die Idee am Ötztaler teilzunehmen bestand für mich schon seit einigen Jahren und dieses Jahr hatte ich sportliche Lust und monetären Willen zumindest ein Los (Kosten 5,90€) für einen möglichen Startplatz zuziehen. Es gibt Leute, die es fieberhaft über mehrere Jahre versuchen, bei mir klappte es gleich mit dem ersten Versuch auch mit einer Teilnahme. Bei 129€ Startgeld plus Kosten für Anreise und Unterkunft war ich mir schon im Klaren, dass man diesen Marathon nicht mit einem normalen Radrennen gleichsetzen kann. Denn sonst bin ich als Amateurradsportler nur Startgelder von 10€ gewöhnt.
Nach Dienstende ging es am Freitag von Mannheim zunächst in die Metropole Illertissen, wo Manu schon auf mich wartete um dann den finalen Schritt zum Appartement im Ötztal zufahren. Nachdem Bezug des Zimmers ging es mit dem Rad nach Sölden zur Startnummernausgabe. Vorab hatte ich dem Veranstalter schon nach den Qualifikationskriterien für einen der vorderen Startblöcke gefragt.
- Startblock: 1A sind die Promis und Stars der Szene
- Startblock 1B sind Leute, die Qualifikationszeiten bei Radmarathons haben
- Startblock 1C: weitere Zulassungen
Mit meiner persönlichen Radsportvita pilgerte ich also zum Rennleiterbüro und man erachtete mich für fähig im Startblock 1C zu starten. Damit musste ich mich zumindest nicht im normalen Startbereich aufstellen und konnte mich „vorne“ anstellen. Die Startnummernausgabe verlief angesichts der großen Starterzahl sehr zügig und gut organisiert. Die ganze Veranstaltung ist in Sachen Organisation überhaupt sehr vorbildlich. Es ist halt eher ein Event für den Breitensport mit einem Zuschlag an Spitzensportlern als ein herkömmliches Radrennen. So kann man nachträglich anhand seines Transponders die Zeit an allen Anstiegen einzeln ersehen, genau wie die Position, die man zu diesem Zeitpunkt im Rennen hatte. Ein schönes statistisches Schmankerl für die Zahlenfraktion.
Am Samstag fuhr ich dann von Sölden auf das Timmelsjoch und machte ein paar Fotos im nebeligen Dunst, bevor ich mich wieder auf die Abfahrt begab. Interessanterweise traf ich Sven Baumann, den ich aufgrund seiner Zeit in den USA seit 2011 nicht mehr gesehen hatte und dann trifft man sich bei einem Supermarkt in Sölden. Die Welt ist halt klein.
Rene Wutzke und Oliver Ginther sah ich ebenfalls beim finalen Warmfahren.
Am Sonntag war 6:45 Uhr zu einer wahrhaft unsittlichen Zeit Start und so stand ich 4:45 Uhr auf … noch viel unsittlicher.
Aufgrund der besonderen Versorgungssituation hatte ich so viel Zeug mit wie noch nie bei einem Rennen mit. Es war irgendwie eine Mischung aus Material für eine große Trainingsrunde plus Rennverpflegung. So schleppte ich in meinen drei Trikottaschen ein Paar Handschuhe, eine Regenjacke, Reifenheber, ein Multitool, eine Luftpumpe, acht Riegel und zwei Gels mit. Dazu kamen noch zwei 0,75l Trinkflaschen und ein Schlauchreifen am Rad.
Um 6:15 Uhr war ich in Sölden und bezog meinen Startblock 1C. Ich stand ungefähr bei Position 300, aber immerhin besser als auf Position 2679 in Startblock 2. Mit 6 °C war es kühl, aber immerhin von oben trocken. Nur die Straßen waren an manchen Stellen noch nass. Dann fiel pünktlich der Startschuss für die 238 km und 5500 hm und es ging zügig Richtung Oetz. Die Fahrweise war für mich sehr angenehm. Es gab keine übertriebende Hektik und bis auf 2 Stürze war es erstaunlich ruhig. Ich fuhr ungefähr bis auf Position 100 vor. Dort wartete dann mit dem Kühtai der erste Anstieg (17,3 km mit 1200 hm). Es trennte sich schnell die Spitze vom Rest des Feldes und jeder fuhr sein Tempo. Ich selber robbte zur Spitzengruppe, die aus ungefähr 45 Fahrern bestand und es ging zügig und für mich im Ekeltempo berghoch. Immer wenn es steiler als 10% wurde fiel ich ab um mich auf den Flachstücken wieder zurück zuarbeiten. Nicht gerade ideal, aber ich wollte mir schon die Chance auf eine schnelle Gruppe für den Brenner erhalten. Zwei Fahrer attackierten im Anstieg weg und führten als Duo das Rennen an. Ich persönlich hatte meinen ersten moralischen Tiefpunkt als ein italienischer Bergfloh am Anstieg zum Austreten anhielt um dann in schwebender Leichtigkeit wieder den Anschluss an die Gruppe zu schaffen. Da schwante mir schon schlimmes. Oben angekommen hatte ich ein Loch zur Gruppe, aber Stefan Kirchmair, der zweimalige Sieger war auch bei mir, also hatte ich keine Panik. Außerdem kannte ich die Abfahrt und flog bergab. Die Abfahrt absolvierte ich mit der zwölftbesten Zeit und erreichte unglaubliche 114,5km/h als Spitzengeschwindigkeit. Unten war ich in der großen Verfolgergruppe und fuhr kurz alleine vorne raus, da die beiden Spitzenreiter aber 2 Minuten voraus waren, ließ ich eine sinnlose Harakiriaktion lieber weg.
Ab Innsbruck folgte der Brenner 38,2km (700hm) und wir bummelten so bergauf. Ich selber sah auch nicht gerade einen Grund hier Tempoarbeit zu verrichten. Ich schonte lieber alle Körner und ließ die Spezialisten machen. Dadurch lief unsere Gruppe wieder auf ca. 130 Fahrer zusammen. Auch Jan Ullrich und der Höhenmeter-Weltrekordler Christoph Fuhrbach (der Mann mit den Sandalen) waren wieder dabei. Von einem Italiener, der an einer privaten Labe einen Verpflegungsbeutel annahm, erhielt ich eine für ihn überschüssige Flasche. Ein weiterer Italiener tauchte mit Funkgerät auf, der den Abstand der beiden Spitzenreiter kommunizierte, da stellte ich mir schon die Frage ob die bei einem Marathon denken, dass es ein Worldtour-Rennen sei. Am letzten Steilstück des Brenners wurde dann noch einmal schneller gefahren und es zerzupfte etwas. Ich selber war erst einmal Austreten und rollte in der Abfahrt wieder in die große Gruppe zurück.
Kurz nach Gasteig folgte der dritte Berg: der Jaufenpass (15km mit 1100hm). Hier wurde jetzt Finale gefahren, zumindest von den Favoriten. Ich selber hatte deutlich zu kämpfen und schalte nach 4km in den Überlebensmodus um: gleichmäßig weiterfahren.
Oben fuhr ich als 49. über den Berg, aber gut ging es mir schon lange nicht mehr. Oben war es 7 °C kalt und sehr nebelig. Die Abfahrt vom Jaufenpass kannte ich ja nur vom Hörensagen und sie erfüllte ihren Ruf. Schlechter Fahrbahnbelag wechselte sich mit neuen Asphaltstücken ab, durch mehrere Kurven schlängelte es sich bergab und an manchen Stellen war die Straße noch nass. Mit Überschall flog auch Jan Ullrich wieder an mir vorbei.
Im Tal angekommen ging es gleich nahtlos ins Timmelsjoch über. Es warteten die finalen 31,4 km mit 1759 hm. Es ging zunächst bei milden Temperaturen und Sonnenschein durch ein schönes grünes Tal. Hier sah ich zum einzigen Mal an diesem Tag wirklich die Sonne. Ich stellte mir die Frage wann die sinnlose Quälerei wohl vorbei sei. Ein Verkehrsschild signalisierte mir 22km und da hatte ich den finalen moralischen Tiefschlag. Noch 22 km! Kaum Benzin im Tank, dazu einen schmerzenden Rücken und ein Gefühl das nichts rollt. Ich kettete 39x28 und fuhr so locker es nur ging. Immerhin meldete der Rücken leichte Entspannung. Ich quälte mich berghoch, ließ mich abwechselt überholen und überholte auch wieder einige. An der letzten Labe 7,4 km vor der Passhöhe schwapperten die Fahrer Cola aus Bechern über ihre Rahmen beim Ergreifen der Becher. Ich selber war über einen derartigen Punkt schon lange hinweg und hielt erst einmal an und tankte 3 Becher Cola und weiter ging die wilde (Schnecken-)Fahrt bergauf. Als der Teufel Didi Senft 2 km vor der Passhöhe auftauchte und etwas schrie wie: „den vor Dir holst Du noch, alles“, musste ich schon innerlich schmunzeln. Ich krieche hier auf der letzten Rille berghoch und jetzt „alles“. Mein Finale war schon früher, jetzt ist es ein Kampf ums Ankommen.
Als ich oben bin, war mir klar, dass es jetzt einfach nur bergab geht, wenn man den kurzen Gegenanstieg zur Mautstation außer Acht lässt. Die andere Seite des Timmelsjoch kannte ich von gestern bereits, nur die Schafherde auf der Straße kam neu hinzu. Ein Fahrer mit hydraulischen Scheibenbremsen beeindruckte mich dann mit seinen Abfahrtskünsten und der größeren Bremsleistung seiner Bremsanlage. Wenn ich erst dort gebremst hätte, wo er es erst musste, dann hätte ich die Bäume aus nächster Nähe gesehen.
Sölden erreiche ich im Regen nach 7:44 h. Sicherlich wäre meine angestrebte Zeit von 7:30 h ohne Motorplatzer möglich gewesen, aber auch so ist die Zeit in Ordnung. Der Fahrer, der mich in der Abfahrt abgehangen hat und unmittelbar vor mir ins Ziel kam, fragte mich nach unserer Zeit: „ca. 7:45 h“, sagte ich ihm. Daraufhin umarmte er mich und sagte, dass er diese Zeit heute gar nicht für möglich gehalten hätte und freute sich mit Tränen. Von einer solchen emotionalen Reaktion war ich Lichtjahre entfernt. Für mich war es eher: angekommen, Zeit okay, nicht gestürzt, weitermachen.
In diesem Sinne möchte ich mich bei allen Bedanken, die live mit gefiebert haben und vor allem bei denen die mich logistisch unterstützt haben, sodass die Teilnahme an diesem Event überhaupt möglich geworden ist.
Tätigkeitsnachweis auf Strava:
http://www.strava.com/activities/187888546