Zentralfrankreich - Norditalien

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Falcon
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Zentralfrankreich - Norditalien

Beitrag von Falcon » Sa 4. Apr 2015, 17:00

Prolog

Einen Tag vor der Abreise der diesjährigen (September 2014) Radtour habe ich mein Trekkingbike wieder zum Reiserad umgebaut und ich fahre am Abend noch eine Runde, um zu prüfen, ob auch alles in Ordnung ist. Dabei merke ich, dass mir das Tretlager irgendwie nicht gefällt. Ich steige ab und bemerke dort zu viel Spiel, das ich unterwegs aber nicht beheben kann; zu Hause auch nicht. Zuvor ist mir das nicht aufgefallen. :wand: Am Tag der Abreise renne ich früh in den Fahrradladen meines Vertrauens und beklage meine missliche Lage, dass ich heute Abend ein Fahrrad benötige, das eine zweiwöchige Tour technisch durchhält. Da gibt es aufgrund der aktuell verfügbaren Ersatzteile nur eine Möglichkeit: kompletter Wechsel von Lager + Kurbel. Das ist zwar mehr, als unbedingt notwendig ist, aber mir ist das jetzt egal. Ich bin froh, ein paar Stunden später mein Rad in der Hand zu halten, zu dem ich wieder Vertrauen haben kann.

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Re: Zentralfrankreich - Norditalien

Beitrag von Falcon » Sa 4. Apr 2015, 17:05

In die Mitte Frankreichs

Für die Anreise wählte ich wieder den Zug. Das ist zwar ein etwas langwieriges Unternehmen (Reisezeit insgesamt ca. 22 Stunden), aber im Nachtzug Leipzig-Basel konnte ich schon mal die Hälfte der Strecke mehr oder weniger gut verschlafen. Für die restliche Strecke standen dann Lokalzüge der SNCF zur Verfügung, bei denen ich den Fahrrad-Stellplatz nicht im Voraus reservieren konnte. Also blieb ich nervös, ob die Weiterreise auch nach meinem Plan funktionieren wird. Basel – Mulhouse: dafür hatte ich immerhin noch eine Fahrkarte. Es gab kaum Fahrgäste an diesen trägen, sonnigen Sonntagmorgen. Im Bahnhof Mulhouse musste ich die erste sprachliche Hürde nehmen und mein Begehr dem Angestellten des Fahrkarten-Schalters nahebringen. Mit einem vorab-Ausdruck der Zugverbindung hat es gut funktioniert. Mulhouse – Belfort: wiederum wenig Fahrgäste, genauso wie im Anschlusszug Belfort – Lyon. Auf diesem geschäftigen Bahnhof geriet ich allerdings in Stress. Meine Umsteigezeit schrumpfte aufgrund leichter Verspätung auf wenige Minuten. Ich musste durch hektische Menschenmassen mein vollbepacktes Rad schieben / tragen und schaffte es zum Glück noch auf den richtigen Bahnsteig. Nun, dieser Zug war dann aber richtig gut gefüllt. Ich konnte mich gerade noch reinquetschen und blieb dann aber sofort Mitten in den Massen stecken und blockierte dort die Wege. Der Schaffner blieb aber zum Glück vollkommen gelassen. Mir war das auch egal und so stand ich die ca. 2 h lange Fahrt und balancierte mein bepacktes Rad aus.
Abends im Hof des Hotels in Clermont-Ferrand plauderte ich noch mit zwei Herren aus England, die mit ihren Rennrädern die Gegend erkunden wollten.
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Re: Zentralfrankreich - Norditalien

Beitrag von Falcon » Sa 4. Apr 2015, 17:11

1. Tag: Auf in die Berge

Ein grandioser blauer Himmel erfreute mich am Morgen und da ich mich endlich auf's Rad schwingen konnte und die Berge vor mir lagen, war ich bestens gelaunt.
Die richtige Durchfahrt durch Clermont-Ferrand fand ich gut und zwischen den Häusern ergaben sich schon tolle Blicke auf den über 1400 m hohen Hausberg, den Puy de Dôme, der aus dieser Richtung wie ein perfekt geformter Kegel aussieht. Nach dem letzten Vorort der Stadt gewann ich schnell an Höhe und konnte weit über die Stadt blicken. Oben in der Auvergne angekommen lag fast schon ein Radler-Paradies vor mir: sehr gut ausgebaute Landstraßen mit sehr wenig Verkehr, hügeliges Hochland mit den typischen Vulkankegeln und Kraterseen, dazwischen gestreuten Dörfern und tolle Fernsichten. Nach einem kleinen Zwischenstopp im Örtchen Murol - das zugehörige Chateau de Murol eher eine hässliche Trutzburg – begann sich eine Wetteränderung abzuzeichnen. Über dem weithin sichtbaren Puy de Dôme braute sich eine gewaltige Gewitterwolke zusammen. In Besse geriet ich dann in die Ausläufer des Gewitters, wartete den ersten starken Regen ab, fuhr dann aber im leichten Regen weiter auf das reichlich 1200 m hohe „Dach“ der heutigen Tour. Oben fuhr ich über eine echte Wetterscheide: wie mit dem Lineal durch die Landschaft gezogen war die Straße plötzlich trocken. Da hinter mir das Gewitter weiterhin grollte, musste ich aber zusehen, dass ich schnellstmöglich weiter kam. Schade um die schöne Landschaft, die ich nicht genießen konnte. In einer Boulangerie in Condat holte ich mir die für den letzten Anstieg des Tages notwendige Energie. Hier holten mich wieder Ausläufer des Gewitters ein und im leichten Dauerregen knackte ich noch mal die 1000 hm – Marke. Der Ende des sanften Anstieges endete sogar mit einem richtigen Namensschild: Col de la Malmouche. Durch die regnerische, einsame Landschaft kullerte ich hinab in das Örtchen Neussargues-Moissac, wo ich mich im Hotelzimmer trocknete.

Die Strecke: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=xmw ... =trackList
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Clermont-Ferrand - Blick zum Puy de Dome
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Auvergne
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Auvergne
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Murol
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Gewitterzelle über dem Puy de Dome
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Nasses Vergnügen

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Re: Zentralfrankreich - Norditalien

Beitrag von Falcon » Sa 4. Apr 2015, 17:25

2. Tag: Montagne de la Magerides

Der Morgen sah so grau und trüb aus wie der Abend zuvor. Egal, ich schwang mich auf''s Rad und die grauen Wolken um mich herum entpuppten sich eher als zäher Nebel und deshalb keimte in mir Hoffnung auf eine Wetterbesserung für den weiteren Tagesverlauf. Und so kam es zunächst auch. Stieß ich auf der ersten Anhöhe des Tages noch durch Wolkenbänke, waren die tiefen Wolken hinter Saint Flour verschwunden. In dem langen, flachen Anstieg zur höchsten Stelle des Tages auf knapp 1400 m ergaben sich weite Blicke in das Zentralmassiv. Oben auf der Passhöhe angekommen machte ich Rast, umgeben von totaler Stille, die nur von einzelnen Vogelschreien unterbrochen wurde. Aber es drohten wieder dunkle Wolken am Himmel. Ich fuhr weiter nach Saugues und suchte nach einem Supermarkt, den ich zum Glück auch in letzter Sekunde fand. Draußen ging ein kräftiger Regenschauer nieder, aber ich stand im Trocknen und stopfte in Ruhe allerlei Leckereien in mich hinein. Als der Regen nachließ, hügelte ich mich weiter auf schönen, einsamen Landstraßen gen Süden. Immer öfter stieß die Sonne durch die Wolken. In Grandrieu war eine Kaffeepause fällig. Den Cafe au lait servierte mit der afrikanische Barkeeper als einzigem Gast mit ausgesuchter Höflichkeit, während der Hofhund träge auf der Terasse lag und mich beäugte. Das letzte Stückchen des heutigen Weges war eine schmale Straße mit heftigen Steigungen. Dann wähnte ich mich so ziemlich am Ende der hiesigen Zivilisation. Espinouse: Eine Ansammlung von einer Handvoll Häusern im traditionellen Baustil aus grauen Naturstein. Dazwischen lag wie ein Fremdkörper ein Holzhaus: meine heutige Pension. Und das war ein Familienbetrieb im Besten Sinne. Alle Gäste des Hauses (eine „Bande“ von Motorradfahrern und ein älteres Ehepaar, alles Franzosen) konnten mit den Wirtsleuten zusammen in deren Haus an einer großen Tafel das Abendessen einnehmen. Gern nahm ich die Einladung für 20 € an, obwohl meine Unkenntnis der französischen Sprache ein Tischgespräch kaum zuließ. Es wurde ein außerordentlich reichhaltiges Abendmahl aufgetischt; Essen, so viel man wollte. Zuerst ein Aperitif. Mir wurde aus der gut bestückten Hausbar ein Pampelmousse rose empfohlen, den ich gern hinunterkippte. Der erste Gang bestand aus einer hausgemachten Schlachteplatte, dazu Baguette und Wein in den drei Farbrichtungen. Der zweite Gang war ein Braten, dazu Baguette und Wein in den drei Farbrichtungen. Der Dritte Gang war eine Käseplatte, dazu Baguette und Wein in den drei Farbrichtungen. Der vierte Gang war eine Art Früchtekuchen, dazu kein Baguette aber Wein in den drei Farbrichtungen. Zufrieden, mit vollem Magen und reichlich angetrunken wankte ich über den Hof in das Holzhaus und fiel in mein Bett.

Die Strecke: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=fkw ... =trackList
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Morgenstimmung
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die gefürchtete Leopard-Nacktschnecke
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Ausblick 2
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Ausblick
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alter Grenzstein
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Wegweiser für Pilgerer des Jakobsweges
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Wolkenspiel

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Re: Zentralfrankreich - Norditalien

Beitrag von Falcon » Sa 4. Apr 2015, 17:34

3. Tag: Mont Lozére

Nach dem opulenten Abendessen war das Frühstück ebenso reichhaltig. Auf dem Tisch erwartete mich eine große Schüssel. Ich dachte dabei erst an Müsli, aber nein, darin wurden ca. ein Liter Kaffee und Milch gekippt und das zahlreich vorhandene Gebäck dazu verspeist oder auch hineingetunkt. Das ist offenbar die traditionelle Art in Frankreich.
Ordentlich gestärkt radelte ich weiter gen Süden durch hügeliges Terrain und wiederum auf einsamen Straßen in Richtung Bergmassiv Lozére. Das Wetter benahm sich heute deutlich besser. Es zogen zwar noch Wolkenfelder vorüber, aber die Sonne schien im Tagesverlauf immer länger. Der erste Pass des Tages war ob des geringen Höhenunterschiedes (?) noch namenlos. Die Abfahrt nach Bleynard ist herrlich: super ausgebaute Straße und wiederum so gut wie kein Verkehr. Der unmittelbar darauf folgende Pass, der Col de Finiels, ist mit 1 541 m immerhin der höchste Pass der Umgebung. Im unteren Teil folgt man einem netten Tal bergauf, bevor man sich nach zwei Serpentinen auf einer baumlosen Hochebene wiederfindet, die zunächst von einem Skigebiet eingenommen wird. Die Straße führt dann noch weiter nach oben, erst noch ein paar Rampen, später flach auslaufend. Auf der anderen Seite folgt eine lange, lange Abfahrt in das Tal des Tarn. Ich schraube mich in einem Tal erneut noch mal auf über 1000 m (Col de la Croix de Berthel), bevor ich diese Bereiche für die nächsten Tage verlasse. In vielen Windungen gleite ich aus dem Cevennen herab und dabei gibt es immer wieder schöne Ausblicke. Und je tiefer ich komme, desto wärmer wird es. Irgendwann bin ich auf unter 300 m angekommen und erreiche den Ort Les Mages. Bei der Suche nach einer Herberge habe ich heute erst mal kein Glück und muss eine Extrarunde einlegen. Erst in der Dunkelheit finde ich zufällig ein billiges, abgewohntes Motel am Wegesrand. Dort werde ich sehr herzlich aufgenommen, bin ich doch erst der zweite Gast an diesem Abend und der Wirt trägt sogar meine Gepäcktaschen ins Zimmer. Später schaufle ich gierig eine große Portion des einfachen, aber schmackhaften Abendessens in mich hinein, so dass selbst der stämmige Truckerfahrer am Nachbartisch staunen muss. Das ist ein sehr netter Holländer, der, wie es dem Klischee entspricht, Blumen in seinem LKW durch die Lande fährt. Wir kommen schnell ins Gespräch und er erklärt mir, dass er schon mal in der Nähe von Leipzig auf einem Campingplatz in Urlaub war. Ich kann das nicht richtig glauben, erscheint mir doch die lokale Umgebung als nicht sonderlich attraktiv. Erst als er mir erklärt, dass er mit seinem Motorrad auf der Durchreise war, ist das für mich ok.

Die Strecke: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=ryt ... =trackList
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Abfahrt vom ersten Pass
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Auffahrt Col de Finiels
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Am Wegesrand
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Auffahrt Col de Finiels, fast oben
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Col de Finiels
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Blick in die Cevennen
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Le Pont de Montvert im Tal des Tarn
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Abfahrt Richtung Rhone-Tal

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Re: Zentralfrankreich - Norditalien

Beitrag von Falcon » Sa 4. Apr 2015, 17:43

4. Tag: Das Tal der Rhône

Am Morgen breche ich bei strahlend blauem Himmel gen Osten auf, das Tal der Rhône zu durchqueren. Anfangs fahre ich noch durch ein Hügelgebiet, bevor die weite Ebene beginnt. Die Straßen haben nur noch selten Kurven und der Verkehr nimmt zu. In Uzès probiere ich, eine stärker befahrene Straße zu nutzen, aber da diese ziemlich breit ist, ist immer ausreichend Platz für mich vorhanden. So gelange ich auf dem kürzesten Weg zur Pont du Gard, das äußerst beeindruckende römische Aquädukt. Dieses führt über den Fluss Gardon, war in einer ca. 40 km langen Wasserversorgung der Stadt Nîmes eingebunden, die insgesamt nur ca. 34 cm Gefälle pro Kilometer hatte! Obwohl ein absoluter Touristenmagnet, musste ich hier nicht einmal Eintritt bezahlen; hier wurden nur die Autofahrer zur Kasse gebeten.
Ich fahre weiter und nehme für ein paar Kilometer wiederum eine stark befahrene Straße. Da es leicht bergan geht und ich jetzt Richtung Nordost voll im Gegenwind fahre, wird das ein unschönes Teilstück und ich bin froh, als ich dort wieder runterfahren kann. Nun bleibt mir noch noch der Gegenwind, der beständig durch das Tal der Rhône fegt. In Rochefort-du-Gard sehe ich zum ersten Mal am Horizont im Dunst den Giganten der Provence. Bei diesem Anblick werde ich mutlos, erscheint mir dieses Ungetüm, das aus der Ebene herausragt, gerade so hoch wie der Kilimanjaro. Wie soll ich dort mit dem ganzen Ballast hochkommen? Aber ein vorbeiradelnder Franzose spricht mir Mut zu, so 2,5-3 h würde ich benötigen.
Aber erst mal muss ich weiter gegen den Wind ankämpfen, das ist schon schwer genug. Hinter Roquemaure überquere ich die Rhône. Das ist hier ein gewaltiger Strom und ich erinnere mich, als ich im letzten Jahr in der Abfahrt vom Furka-Pass am Rhône-Gletscher, sozusagen der Quelle der Rhône, stand.
Ich durchquere eine sanft welliges Gebiet, in dem viel Weinbau betrieben wird. Erst hinterher lese ich, das diese Felder rund um den Ort Châteauneuf-du-Pape bei Weinkennern ein anerkanntes Mekka darstellen.
Noch ein paar Kilometer weiter quartiere ich mich in einem Hotel in Carpentras ein. Eine Wahl, die ich nicht bereuen sollte.
Abends verspeise ich im benachbarten Restaurant einen delikaten Lammbraten, dazu als Vorgeschmack einen halben Liter „Terres Ventoux“ und wanke müde die Treppen hoch und falle in mein Bett.

Die Strecke: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=exq ... =trackList
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Die letzten Hügel
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angenehm schattige Straße
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Pont du Gard
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Pont du Gard
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Ganz hinten im Dunst der Gigant der Provence
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Le Rhone
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Le Rhone

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Re: Zentralfrankreich - Norditalien

Beitrag von Falcon » Sa 4. Apr 2015, 17:48

5. Tag Ruhetag in Carpentras

Es ist wieder herrliches Wetter, wolkenloser Himmel und angenehm warm, aber der Wind bläst stetig aus Nord.
Im Hotelzimmer liegt ein Informationsblatt über die Kleinstadt. Ich suche einen Fahrradladen und tatsächlich wird eine Adresse angeboten. Ich laufe dorthin, aber es ist weit und breit kein Fahrradgeschäft zu sehen. Na ja, wenigstens ist heute Freitag und damit der im Reiseführer angepriesene Markttag und ich muss zugeben, dass mir die bunten Stände sehr gefallen; besonders die vielfältigen kulinarischen Angebote aus der Region. In einer kleinen Gasse entdecke ich dann doch noch ein Fahrradladen und schnell sind Schlauch und Bremsbeläge gekauft, die ich in die Garage des Hotels bringe. Die Garage ist ein sehr merkwürdiger Raum. Dieser bildet praktisch das Erdgeschoss des Hotels, wobei „Erde“ eine wichtige Rolle spielt, denn festgestampfte Erde bildet den Boden. Das Ding ist ca. 4 m hoch und groß, ca. 10 PKW passen rein, es ist dunkel, dreckig und die Holzbalken darin sehen nicht mehr sehr stabil aus. Egal, hier wechsle ich den Schlauch vom Hinterrad und entledige mich damit eines schleichenden Plattens, der mich seit Anfang der Reise verfolgt.
Am Nachmittag erhalte ich aufgrund mangelnden Interesses von anderen Touristen praktisch eine private Führung durch die hübsche Innenstadt - nur für mich allein!
Abends sitze ich auf einer Stadtmauer und blicke auf den Gipfel des nahen Mont Ventoux, der in der Abendsonne orange leuchtet. Morgen ist Sonnabend und ich befürchte viel Betrieb an dem Berg. Deshalb nehme ich all meine Vokabeln zusammen und versuche telefonisch für den nächsten Tag ein Zimmer im Sault zu buchen, was mir beim zweiten Hotel sogar gelingt.
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In einem Schaufenster gesehen
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Blick aus Hotelzimmer auf Carpentras
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Mont Ventoux im Abendlicht

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Re: Zentralfrankreich - Norditalien

Beitrag von Falcon » Sa 4. Apr 2015, 17:58

6. Tag: Mont Ventoux

Es ist perfektes Wetter, wolkenloser Himmel und angenehm warm und nicht einmal der Wind bläst heute.
Heute wird sich zeigen, was mir die ersten Tage der Reise mit den Rollerbergen im Zentralmassiv an Training gebracht haben. Wird es ausreichend sein, um das Monster der Provence in Würde zu bezwingen? Dass ich es schaffen kann, bezweifle ich zwar nicht, aber in welcher Art und Weise ich dort hochkomme, mag ich nicht vorhersagen.
Der Frühstücksraum des Hotels ist gerammelt voll und zur Hälfte mit Radfahrern besetzt, die wie ich ordentlich am Buffet zulangen.
Von Carpentras wähle ich kleine Nebenstraßen, um nach Malaucene, dem eigentlichen Einstieg in den Berg, zu gelangen. Dort kaufe ich noch schnell Trinkvorräte und wegen der prallen Sonne eine Mütze, denn den Helm möchte ich bergauf nicht lange ertragen.
Den Anstieg meistere ich insgesamt erstaunlich gut. Die Tage im Zentralmassiv mit anschließendem Ruhetag zeigten ihre Wirkung. Es ist zwar ein sehr langer Weg nach oben, aber es gibt nur sehr wenige wirklich steile Stellen. Und die hunderte bzw. tausende Radfahrer, die heute hier unterwegs sind, ziehen mich mit nach oben. Davon sind alle auf mehr oder weniger gewichtsoptimierten Rennrädern unterwegs, nur zwei andere Radler sehe ich, die sich ebenfalls mit viel Gepäck abmühen. Das gibt mir aber noch mehr Motivation und so ertappe ich mich, wie ich ein paar ältere Herren überhole. Es gelingt mir sogar, ein paar sehr kräftige Kerle, die alles andere als dünne Bergziegen sind und wahrscheinlich schon zum zweiten Mal für heute an diesem Berg leiden, stehen zu lassen. Aber das ist mir letztendlich auch egal. Auf dem Weg nach oben halte ich ein paar Mal mal an, genieße die herrliche Aussicht, esse und trinke etwas und fotografiere.
Oben auf dem Berg ist heute der Teufel los. Eine Horde von Holländern hat den Gipfel eingenommen und brüllt jeden mit Megaphon an, der es mit dem Rad nach oben schafft. Das ist zwar mit der Zeit ziemlich nervig, aber die Aussicht ist gigantisch und so bleibe ich stundenlang hier oben und lasse Seele und Beine baumeln.
Am Nachmittag rolle ich die sanft abfallende Straße nach Sault hinab und niste mich in dem sehr hübsch eingerichtete Hotel ein.

Die Strecke: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=gki ... =trackList
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Der Berg in Zahlen
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Auf dem Weg nach oben
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Auf dem Weg nach oben, Blick Richtung Alpen
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Der Gipfel in Sicht
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Die letzten Höhenmeter
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Gipfel
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Abfahrt, Blick zurück
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Abendstimmung

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Re: Zentralfrankreich - Norditalien

Beitrag von centurio-tle » Sa 4. Apr 2015, 18:50

:liebe: :liebe: :liebe: :hut:

p.s.
iwann in diesem Leben mache ich auch mal sowas :), würde aber eine Gruppenfahrt bevorzugen :pfeif: :venga:
...sympathischer Leisetreter...

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Re: Zentralfrankreich - Norditalien

Beitrag von SXHC » So 5. Apr 2015, 10:42

:liebe: :liebe: :liebe: :hut:

Kann man anders nicht sagen! Tolle Tour!

Vll sollten wir eine Gruppentour für 2016 planen.

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