4 Tage und 15 Pässe...

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Gebirgsrenner
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4 Tage und 15 Pässe...

Beitrag von Gebirgsrenner » Mo 5. Sep 2005, 08:45

... haben meinen Hunger nach Pass-Fahrten ein wenig gestillt. Aber wirklich nur ein wenig. :D

Zunächst einmal ein paar Vorwörter: Die Dolomiten sind ein phantastisch. Ein herrliches Gelände bergauf zu leiden und bergab zu "heizen". Ein herrliches Gelände für Muskelkater und freilaufende Kühe. Und leider auch ideal für Motorradfahrer.

Donnerstag - 1. September. Anreise. Über München, Garmisch, Innsbruck, den Brenner, Brixen und das Passo Gardena war ich gegen 14 Uhr endlich in Corvara, auf 1700 Meter Höhe. Corvara war wohl früher mal ein abgelegenes Bauerndorf. Leider ist davon nix mehr zu sehen, statt dessen ein Hotel neben dem nächsten, hin und wieder eine Pension, eine Selbst-Bedienungs-Tankstelle und Holzschnitzereien jeder Art.

Nach dieser Erkenntnis folgte gleich der erste Schock: Zur Pension (www.pensionangelo.it) führt nur eine Strasse. Frisch asphaltiert aber leider kerzengerade und (leider leider) mit mindestens 16 Prozent Steigung (vorsichtig geschätzt) auf 1 km Länge. Na prima.

Schock überwunden, Zimmer bezogen und dann gings los - einrollen. Also bin ich das Grödner Joch (Passo Gardena) hoch von Corvara aus. Aus dem Auto sah es schlimmer aus, als es letztlich war (obwohl der Blick aus dem Auto manchmal sehr trügerisch sein kann).

www.salite.ch/gardena.htm

Anfangs hatte ich ja so meine Befürchtungen, dass eine 11-23 Kassette vielleicht doch ein wenig gewagt ist fürs Hochgebirge. Doch mit jeder Kehre wuchs meine Zuversicht. Knapp 40 Minuten später rollte ich über die Pass-Höhe. Zufrieden (immerhin 5 Radler überholt zu haben und dabei selbst nicht überholt worden zu sein :D) mit einem Schnitt von 16,2 km/h - so langsam war ich schon lange nicht mehr. Die Abfahrt nach Corvara war dann einfach herrlich - die Steigung zut Pension wie befürchtet brutal (an diesem Tag bin ich da noch mit 11 km/h hochgekommen).

Freitag - 2. Tag

Wetter super (Sonne und keine Wolken), ein freundliches Frühstück mit Blick auf Tal und Berge - und ein Hunger nach Höhenmeter.

Meine Runde:

Corvara - La Ville - Passo Valparola - Arabba - Passo Pordoi - Passo Sella - Passo Gardena - Corvara - La Ville - Passo Valparola - Arabba - Passo Compolongo - Corvara.

140 km bei knapp 3800 hm (bin am Abend zuvor die Strecke mit dem Auto abgefahren - um keine bösen Überraschungen zu erleben; aus dem Auto sah es so als, als sollte der Valparola der leichteste Pass sein, die Sicht vom Fahrrad erzählte das Gegenteil).

2 ma Valparola: www.salite.ch/valparol.htm

Pordoi: www.salite.ch/pordoi.htm

Sella: www.salite.ch/sella.htm

Gardena: www.salite.ch/gardena1.htm

Campolongo: http://www.salite.ch/campolon.htm

Von Corvara nach La Ville ging es leicht runter - mein 53er Kettenblatt bekam Arbeit, wie auch das 11er. Mit knapp 38km/h im Schnitt gings nach La Ville, dann aber gleich langsam aber sicher hoch. Mit 39/19 bis St. Cassiano - danach leicht abwärts, an 4 Restaurants und einer Gondel-Bahn vorbei Richtung Passo Valparola. Man sieht übrigens den oberen Teil der Pass-Strasse aus vom Ort, fragt sich dabei aber zwangsläufig, wie man da hinkommen will... der Valparola beginnt eigentlich harmlos, also lockeres treten bis zum "Alta-Badia-Abschieds-Schild" - danach öffnet sich der Wald und die Strasse wird steiler. Mit 39/21 habe ich weiter gekurbelt (Puls um die 160) - bis etwa 300 Höhenmeter unter dem Pass. Da fangen die Kehren an und die sind leider gar nicht flach. Mit 39/23 und Puls 165 habe ich es dann geschafft und mich in die Abfahrt gestürzt. Bis zum Passo Falzarego fällt die Strasse steil ab, so dass ich da locker eine 80 auf dem Tacho stehen hatte. An der Kreuzung links weg Richtung Arabba - oben drei Steilkruven und ein kurzer unbeleuchteter Tunnel (in dem der Asphalt immer nass ist) und dann in langen Kurven und knackigen Tornantes talwärts - nach Arabba. 15 km Abfahrt, dann 5 km leicht bergauf, immer am Hang entlang durchs Hochtal - herrliche Ausblicke auf die Berge ringsum. Und auch schon auf den Passo Pordoi. Die Steigung beginnt schon vor Arabba (1600 Meter Höhe), die eigentliche Pass-Strasse aber erst mitten im Ort - 36 Kehren, jede versehen mit einer Höhenangabe. Der Pass ist bei 2242 Meter... Also knapp 600 hm auf 9 Kilometer Länge. War aber einfacher zu fahren als gedacht, bin mit 39/21 hoch ohne die 160-Puls-Grenze zu berühren. Allerdings war ich schon in Gedanken beim nächsten Anstieg - dem Passo Sella, denn der sah aus dem Auto sehr brutal an. Nach kurzer Abfahrt vom Pordoi ging es dann auch direkt hinein, schon sehr komisch, mit 70 km/h angefahren zu kommen und dann gleich 7 oder 8 Prozent erklettern zu müssen. Anfangs war der Sella einfacher als gedacht, doch nach einem schönen kurzen Flachstück und einem Restaurant mitten im Wald, macht die Strasse einen Linksknick und dann gings hoch. Zwar nicht so steil wie befürchtet (also hat die Auto-Perspektive doch getäuscht) aber auch nicht zu einfach. Zum Glück war die Strasse noch gut bemalt von Anfeuerungen vom Giro - das motivierte doch. Kurz vor der Pass-Höhe (der letzte Kilometer) wurde es nochmal schärfer, die Kehren sehr steil. Vor allem Kehren 3,2 und 1 sind arg brutal, die Schmerzen lassen sich aber locker wegdrücken beim Anblick der Pass-Höhe. Nach dem Sella gings dann über die leichte und kurze Seite des Gardena - und schon lag Corvara vor mir. Da ich aber noch keine Lust hatte, das Rad für heute in die Ecke zu stellen, bin ich nochmal den Valparola hoch (da war es allerdings mit der 39/21-Herrlichkeit vorbei, bin die ganze Strecke auf dem 23er gefahren), nach Arabba und von dort über den Campolongo (sehr unangenehm zu fahren, wenn man fast schon am Ende ist) nach Corvara. Na ja und dann noch die 16 Prozent hoch zur Pension - diesmal waren es 9 km/h und Puls 170.

Samstag - 3. September:

Ein bisschen wolkiger aber trocken. Die Beine sind ein bisschen schwer. Aber ich bin ja hier, um zu leiden.

Diesmal ging es von Corvara - La Ville - Passo Valparola hinunter nach Caprile und dann hinauf zum Passo di Fedaia - hinab nach Canzei - Passo Pordoi - Arraba - Passo Campolongo - Corvara.

100 km bei knapp 3000 hm

Vom Valparola bis Caprile ist es eine 20minütige Abfahrt. Sehr geil... allerdings hält das Hochgefühl nicht sehr lange, denn zum Passo di Fedaia ist es eine elende Kletterei. Auch hier beginnt es eher harmlos, ein paar kurze Rampen durch den Wald, danach sogar ein Stückchen bergab. Allerdings ab Malga Ciapela ist es dann vorbei mit der Leichtigkeit des Radfahrens. Die Strasse macht einen Rechts-Knick und wird steil, ganz unvermittelt vorbei an einer Seilbahn, ein paar Hotels. Dann durch den Wald. Allein das ist schon schweißtreibend, aber noch nicht der Höhepunkt der Quälerei. Denn nun folgt ein Stück, das mir sehr bekannt vor kam vom Fichtelberg (die lange Gerade nach Tellerhäuser). Vielleicht sind es nur 2, vielleicht aber auch 3 Kilometer - die es da geradeaus geht und das mit mehr als 10 Prozent Steigung (nebenbei bin ich die Strecke auch schon mit dem Auto abgefahren; daher wusste ich, dass mich noch zwei 15prozentige Abschnitte erwarten vor dem Pass). Da hiess es wirklich aufs Vorderrad glotzen und um jede Kurbel-Umdrehung zu kämpfen. Ich habe dann angefangen, die Umdrehungen zu zählen, um mich ein bisschen zu motivieren und vor allem von den "jetzt-höre-ich-auf-und-drehe-um"-Gedanken abzulenken. Nach dem Geradeaus-Stück wirds kurz flacher, bevor die beiden 15prozent-Rampen kommen. Um ehrlich zu sein, war ich sehr froh, als ich das Pass-Schild gesehen habe.

Passo di Fedaia: www.salite.ch/fedaia1.htm

Damit war dann aber auch der schlimmste Teil der Strecke geschafft. Nach Caprile ging es zum Glück nur bergrunter - und dann hoch zum Pordoi (http://www.salite.ch/pordoi1.htm) bin ich mit zwei Italienern gefahren - wovon der eine die ganze Zeit 39/17 getreten hat. Da schaust du nicht schlecht:D.

Die Abfahrt vom Pordoi nach Arabba ist kurvenreich geil und sehr schnell - wenns trocken ist. Campolongo war nochmal eine leichte Quälerei - und die 16 prozent zur Pension... sowieso. Wieder 9 km/h.

4. Tag - 4. September. Abreise.

Da das Wetter wieder sonnig satt war, bin ich vor der Rückkehr nach Deutschland noch die klassische Sella-Runde geradelt.

Corvara - Passo Gardena - Passo Sella - Passo Pordoi - Passo Campolongo - Corvara.

51 km bei 1687 hm

Kein wirkliches Problem.

Mein Fazit: Die Pässe der klassischen Sella-Runde lassen sich gut fahren, so man schon ein paar Höhenmeter vorher getreten hat, also bergfest ist. Ansonsten kanns auch brutal werden.

So noch ein paar Bildchen.

Bild 1: Blick zum Grödner Joch

Bild 2: Blick auf den Pordoi Richtung Arraba

Bild 3: Der Sella Richtung Canazei

Bild 4: Panorama mit einem Stückchen Pordoi Richtung Canazei

Bild 5: Corvara

Bild 6: Passo Gardena Richtung Corvara





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Re: 4 Tage und 15 Pässe

Beitrag von peso » Mo 5. Sep 2005, 16:14

Gebirgsrenner hat geschrieben:Vor allem die letzten 4 Kilometer vor dem Pass sind arg brutal (da habe ich mir wirklich ein 25er als Rettungsring gewünscht)
Schwächling. :D

Das ist ja wirklich eine grandiose Kulisse. Bin sehr angetan.
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Re: 4 Tage und 15 Pässe

Beitrag von bejar » Di 6. Sep 2005, 10:56


Hach ja, wie schön, ich werd' ganz neidisch...:)

Wie waren denn überhaupt die Straßenbelagsverhältnisse? ( ich habe immer noch die Fedaiabilder aus irgendeinem Giro der letzten Jahre im Gedächtnis, wo es im unteren Beich sehr holprig aussah )

Ach, und den 25er-Rettungsring brauchst du wohl auch hier....
(http://www.salite.ch/scanuppia.htm ):D


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Re: 4 Tage und 15 Pässe

Beitrag von Gebirgsrenner » Di 6. Sep 2005, 12:05

Die Strassen waren italienisch gut...:D Also ein bisschen wellig, ab und zu auch gerissen, aber insgesamt gut zu fahren


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Re: 4 Tage und 15 Pässe

Beitrag von Frank » Di 6. Sep 2005, 15:29

Oh mein Gott!!! So viele Höhenmeter habe ich in meinem ganzen Leben nicht erklommen wie du in einer Stunde! Da hätte ich ja ein Begleitfahrzeug gebraucht, das mich alle 200 m mit neuen Energiegelen versorgt. Wäre trotzdem gerne mitgekommen - hat nicht sollen sein:(


zu Bejars Beitrag:

45% - da verstehe ich die ganze Aufregung wegen des Kriebstein-Anstiegs nicht (s. Jahrseabschlussfahrt)
:roll:
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Re: 4 Tage und 15 Pässe

Beitrag von Gebirgsrenner » Di 6. Sep 2005, 17:29

Frank hat geschrieben: Oh mein Gott!!! So viele Höhenmeter habe ich in meinem ganzen Leben nicht erklommen wie du in einer Stunde! Da hätte ich ja ein Begleitfahrzeug gebraucht, das mich alle 200 m mit neuen Energiegelen versorgt. Wäre trotzdem gerne mitgekommen - hat nicht sollen sein:(

Also ich will da auf alle Fälle wieder hin, zumal es dort rund um die Sella-gruppe noch viele andere schöne Anstiege gibt. Also wie wärs mit nächstem Jahr? 



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Re: 4 Tage und 15 Pässe...

Beitrag von toledo » Di 6. Sep 2005, 18:36

gebirgsrenner:

Klasse Gegend da unten, nicht wahr? Kenne ja bisher nur die Sella-Runde.

Bei einem Trainingslager im nächsten Jahr würde ich sofort mitmachen. Wer noch?


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Re: 4 Tage und 15 Pässe...

Beitrag von Gebirgsrenner » Di 6. Sep 2005, 18:38

toledo hat geschrieben:

Klasse Gegend da unten, nicht wahr? Kenne ja bisher nur die Sella-Runde.

Bei einem Trainingslager im nächsten Jahr würde ich sofort mitmachen. Wer noch?


Klasse Gegend - das kannst du laut sagen. Wie gesagt - ich will da auf alle Fälle nochmal hin und vielleicht auch ein oder zwei Tage länger. Bei einem Trainingslager im nächsten Jahr wäre ich sofort dabei.



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Re: 4 Tage und 15 Pässe...

Beitrag von toledo » Di 6. Sep 2005, 18:43

Gut! :) Lass uns das mal beizeiten konkreter machen. Kann im Moment noch nicht sagen, wie sich das jobmäßig bei mir entwickelt, aber wenn es irgend geht und der Kalender nicht zu voll wird, komme ich natürlich mit.

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Re: 4 Tage und 15 Pässe...

Beitrag von peso » Di 6. Sep 2005, 20:37

Ich habe zwar auch noch keine Ahnung, wie das nächtes Jahr bei mir aussieht, aber...hey...wenn ihr ohne mich fahrt... :x

Würde mich sehr freuen.
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"Ich bin in diesem Jahr auf noch keiner Ausfahrt schneller als 24 km/h im Schnitt gewesen." (Anonymer Radfahrer, 2005)

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