Schlauchreifenfrage

Fragen zur Rennradtechnik? Welches Rad ist das richtige für mich? Hier bist du damit richtig.
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vantage84
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Schlauchreifenfrage

Beitrag von vantage84 » Mi 15. Feb 2012, 12:21

Im Tour Forum gibt es zwar zig bis hundert Beiträge zu diesem Thema aber ich wollte mal die lokalen Experten fragen.
Für die neue Saison werde ich demnächst meine Schlauchreifenfelgen bekleben. Jetzt ist natürlich die Frage, was für ein Produkt ich mir da aufziehe.

Einsatz:
- Training
- Wettkampf

Bedingungen (sortiert nach Wichtung):
- Sollen sehr gut bei Trockenheit und Nässe haften!
- Pannenschutz sollte zumindest nicht unterirdisch sein
- Sie sollen gut rollen
- Sie sollten auch für einen Hänfling wie mich ohne Armbruch aufzuziehen sein

2011 bin ich den Vittoria Corsa Evo 320 tpi gefahren.
- Sehr gut aufzuziehen
- Keine Panne auf ca. 13000 km
- Aber: Subjektiv sehr schlechte Nasshaftung!

Der letzte Punkt hat etwas mein Vertrauen beeinträchtigt. Ob es nun am Reifen selbst oder evtl. am falschen Luftdruck liegt sei mal dahingestellt. Ich brauch einen freien Kopf, wenn ich mich in die Kurven lege und da möchte ich 100 % Vertrauen. Was gibt es also an Alternativen? Die folgenden sind wohl die gängigsten. Ich habe keine Erfahrung damit und die Punkte stammen vom Hörensagen.

Conti (Competition/4000SR):
- Sehr gute Haftung
- Sehr gute Pannensicherheit
- Rollt gut
- Aber: Extrem schwer auf die Felge zu bekommen, Höhenschlag

Tufo:
- Sehr gute Haftung
- Aber: Rollt wohl schlecht ab

Was könnt ihr mir so empfehlen? Der Preis sei mal hinten angestellt. Gerade am Reifen werde ich sicher nicht sparen.

Viele Grüße

Frank
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Tobias
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Re: Schlauchreifenfrage

Beitrag von Tobias » Mi 15. Feb 2012, 13:35

Ich fahre leider keine Schlauchreifen, darum kann ich dir mit Erfahrung nicht dienen.
Aber in der Tour 09/2010 gab es einen Reifentest. Unteranderem waren sieben Schaluchreifen dabei.
Damals hat der Conti Competition 22 am besten abgeschnitten, allerdings war, wie du schon beschrieben hast, die Montage wohl recht schwierig.
Weiterhin ist er, laut dem Test, beim Rollwiderstand nicht so stark, was alle getesteten Schlauchreifen nicht waren.
Ansonsten gute Nasshaftung, top Gewicht und top Pannenschutz.
Irgendwo muss man leider immer Zurückstecken!

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Chelm
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Re: Schlauchreifenfrage

Beitrag von Chelm » Mi 15. Feb 2012, 22:04

Reifen ... mein Lieblingsthema :D :)

Fangen wir mal beim Kleben an:
Wenn du mit Kitt klebst, dann kann man von schwieriger Montage sprechen.
Klebt man mit Band, dann ist alles einfach. Selber bin ich kein Fan vom Schlauchreifenklebeband, da es nach Regenfahrten schnell seine Klebefestigkeit verliert und teuerer als Kitt ist. Theoretisch erzeugt es auch einen höheren Rollwiderstand.

Zu den Reifen:

Vittoria CX:
Rutscht im Nassen. Das ist wirklich so, also keine Einbildung von dir. Empfinde ihn aber als nicht sehr pannensicher. Der Reifen muss vorher eingelagert werden, damit der Gummi härter wird. Im Trockenen ein Superreifen!

Vittoria Pavé:
Gibt es in 24mm und 27mm. Robust, rollt passabel, aber nicht so gut wie der CX. Dafür im Nassen mehr Haftung. Wenn man trainieren möchte oder einen "Klassiker" fahren will würde ich den empfehlen.

Vittoria Crono:
Zeitfahrreifen. 165g. Ein Hauch von nichts. Das Abrollgeräusch ist einmalig. Pannensicherheit ist klein geschrieben. Extrem dünne Lauffläche unde Flanken.

Vittoria Rally:
Sehr preiswert. Extrem billig gemacht: unrund. Passables abrollen. Im Nassen sehr, sehr pannenanfällig.

Vredestein Fortezza Tricomp:
Kommt aus der Vittoria Fabrik in Thailand. Ist genauso gemacht wie der Vittoria CX. Im Nassen noch schlechter als der Vittoria. Das ist kurz vor Lebensmüde. :floeri:

Conti Sprinter:
Die Preisleistungswaffe von Continental. Im Nassen dank Black Chili sehr stark. Sehr gutes Abrollverhalten. Nicht so seidig wie Vittoria aber annehmbar. Neue Generation leichter montierbar.

Conti Sprinter Gatorskin:
Wie der Sprinter nur mit mehr Pannenschutz. Duraskingewebe und verstärkte Lauffläche und Flanken. Ich persönlich finde ihn nicht so toll. Rollt hölzern und ist schwer. Im nassen den Sprinter unterlegen und in Sachen Pannensicherheit finde ich ihn nicht besser als den Sprinter. Wenn Du Waldwege/Naturstraßen fahren möchtest, eignet er sich aufgrund des minimalen Profils und der verstärkten Flanken.

Conti 4000SR:
Ähnlich wie der Drahtreifen vom Profil her. Besitzt zusätzlich einen Vectranbreaker, der mehr Pannensicherheit geben soll. Im Nassen gut dank Black Chili. So schwer wie der Sprinter, meiner Meinung her den Aufpreis nicht wert, dann gleich Competition.

Conti Competition 22mm:
Goldstandard ;) Für Conti-verhältnisse sehr geschmeidig. Im Nassen sehr guter Grip. Vectran-Pannenschutz. Eigentlich sehr robust, Flanke etwas anfällig, dünne Lauffläche. Fürs reine Kilometertraining zu schade/teuer.
25%-Chance auf einen Höhenschlag, aber Conti ist dort in den letzten jahren besser geworden. Montage ist schon etwas schwerer: vorheriges Dehnen auf SR-Felge ratsam.

Challenge Criterium:
Ital. Machart mit Baumwollkarkasse. Seidiges Abrollen, aber Schwäche im Nassen, aber besser als Vittoria CX.
Ich hatte 2 Reifen beide leicht unrund.

Challange Criterium Seta Extra:
Wie der Criterium, aber mit Seidenkarkasse. Schweineteuer. Den Effekt der Seide für mehr Komfort konnte ich nicht ausmachen.
Im Nassen soll Seide sehr pannenanfällig sein.

Veloflex Carbon/Criterium:
Ital. Machart. Sehr seidig. Im Trocknen mein Lieblingsreifen :) . Schwächen im Nassen, aber minimal besser als Vittoria CX.
Unterschied zw. Carbon und Criterium ist, dass der eine eine Naturflanke hat, während der andere im Schwarzen Gewand daher kommt.

Tufo S33:
Hölzern, klebt auf der Straße. Der Einzige Reifen, wo ich einen erhöhten Rollwiderstand spüren kann ;)

Tufo HICC:
Hölzern. Bei normalen Druck subjektiv schlechtes Abrollverhalten. Bei hohem Druck besseres abrollen, dafür kaum Komfort.

Tufo S215:
Leicht, aber rollt trotzdem nicht besser. Auch nicht übermäßig pannensicher, da sehr leicht. Bei normalen Druck subjektiv schlechtes Abrollverhalten. Bei hohem Druck besseres abrollen, dafür kaum Komfort.

Den ganzen Kram bin ich selber gefahren und das sind meine persönlichen Eindrücke. Es ist auch immer etwas Glaubenssache dabei.
Wenn du die Tour-Reifentests ergoogelst, dann kann ich zum Thema Rollwiderstand natürlich keinen Vergleich machen, aber die Eindrücke bei der Nasshaftung kann ich wirklich immer bestätigen.
Beim Thema Nasshaftung schlägt Conti alle Mitbewerber um Längen.
Bei Seidigkeit ist Vittoria und Veloflex weiter vorne.
Conti Sprinter wäre für mich immer der Reifen der Wahl, wenn ich Trainieren und Rennen mit einem Reien fahren möchte.
Er ist preiswert, rollt gut und ist pannensicher.
Competition ist besser, aber kostet dafür doppelt soviel.
Zuletzt geändert von Chelm am Do 16. Feb 2012, 07:32, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Schlauchreifenfrage

Beitrag von vantage84 » Mi 15. Feb 2012, 22:28

Klasse Bericht aus der Praxis, vielen Dank! :)
Ich werde dann wohl auch mal nach Conti Sprinter bzw. Competition schaun. Meine 4000S Drahtreifen haben ja auch ein spitzen Verhalten bei Nässe.
In jedem Fall wird wieder geklebt (klassischer gelber Conti Kleber mit mehreren Lagen). Hält Bombe und ist mit etwas Übung nicht so eine riesen Sauerei.

Was ist eigentlich deine persönliche Meinung. Ist das typische Dehnen (auf den Reifen stellen und ziehen) für die Conti Reifen tabu oder kann man es ruhig machen? Bei den Vittoria ist das überhaupt nicht nötig..


Viele Grüße


Frank
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Re: Schlauchreifenfrage

Beitrag von Uhle » Mi 15. Feb 2012, 22:30

Ich hab da eine nicht ganz dazugehörige Frage:
Wenn ein Laufradsatz mit dem Zusatz Clincher angeboten wird ist da Schlauchreifen gemeint, oder kann da auch Draht aufgezogen werden.
:raetsel:
Als ich früher mal versucht habe Rennen zu fahren gab es keinen Draht ;)

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Re: Schlauchreifenfrage

Beitrag von vantage84 » Mi 15. Feb 2012, 22:35

Clincher Laufradsätze sind nur für Draht- bzw. Faltreifen. Schlauchreifenlaufräder haben meist den Zusatz "tubular".
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Re: Schlauchreifenfrage

Beitrag von Chelm » Mi 15. Feb 2012, 22:37

Conti hat das Reinsteigen und Dehnen mittlerweile "verboten".
Höchstens bei Tufo kann man es problemlos machen, da dort der Schlach einvulkanisiert wird. Ich kenne aber auch keinen der einen Schlauchreifen durch Dehnen zerissen hat. ;)
Wenn man Zeit hat, und die haben wir ja meistens, lässt man den Reifen auf einer Felge einfach 1 Woche vollaufgepumpt "rumliegen". Das reicht als Dehnung eigentlich aus. Dieses Reinsteigen und Strecken kommt ja eher aus dem Profi-Mechaniker-Bereich, welche neue Reifen über Nacht neu Kleben müssen. Da behelfen die sich mit dieser Variante.

Bei den neuen Sprintern ist das aber auch nicht mehr nötig, die fallen relativ leicht auf die Felge.
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Re: Schlauchreifenfrage

Beitrag von sippe » Do 16. Feb 2012, 01:00

Was es alles gibt... :-)

Da habe ich noch eine halbwegs passende Frage:
Der Laufradsatz "Shimano Dura Ace WH-7850-C24" kann "normal" betrieben werden, d.h. Schlauch+Reifen oder eben mit "Tubeless" Reifen. Dafür liegen ein paar Ventilstücke bei. Welche schlauchlosen Reifen könnte man denn hier verwenden? Und macht das Sinn?

Ich muss dazu sagen, dass ich ziemlich unempfindlich bin, was das Reifen/Schlauch-Feeling angeht. Will sagen: solange das Rad halbwegs rund ist, merke ich da nix :lol:
Beispiel: Ich habe abwechselnd Schwalbe Ultremo, Conti Grand Prix und Conti GP 4000 unterm Hintern und könnte die vom Fahrverhalten nicht unterscheiden. Vielleicht sind die nun gerade sehr ähnlich... :nixweiss:
"will halt auch dabeigewesen sein"-Fahrer :-D

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Re: Schlauchreifenfrage

Beitrag von Chelm » Do 16. Feb 2012, 07:28

Tubeless ist das "dritte Paar Schuhe". Dort schließt der spezielle Reifen luftdicht mit der Felge ab. Das System kennt man vom Autoreifen. Im MTB-Bereich eher verbreitet.
Außer Hutchison baut kein Hersteller Rennradreifen für Tubelessfelgen. Montage schwierig und der erhoffte geringe Rollwiderstand konnte zumindest noch nicht messtechnisch belegt werden. Gefahren bin ich es bis jetzt nur mit Crossreifen.
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Re: Schlauchreifenfrage

Beitrag von Charlie » Do 16. Feb 2012, 08:05

sippe hat geschrieben: Ich muss dazu sagen, dass ich ziemlich unempfindlich bin, was das Reifen/Schlauch-Feeling angeht. Will sagen: solange das Rad halbwegs rund ist, merke ich da nix :lol:
Beispiel: Ich habe abwechselnd Schwalbe Ultremo, Conti Grand Prix und Conti GP 4000 unterm Hintern und könnte die vom Fahrverhalten nicht unterscheiden. Vielleicht sind die nun gerade sehr ähnlich... :nixweiss:
der GP rollt aber auch sehr gut. Das man da die Unterschiede im trockenen nicht merkt, finde ich verständlich. Der Rollwiderstand, welchen Tour angibt, stimmt vorne und hinten nicht und wir fahren selten am Limit durch kurven. Nur dann könnte man sagen, der geht gut, der nicht. Im nassen ist es ja noch gravierender, da wird ja fast geschoben :)
Ob ein reifen nun weich ist oder nicht, das könnte man schon merken, aber hier sind Luftdruck und Schlauchwahl doch sehr entscheidend. Der Ultremo, den ich nicht lange hatte, und der Pro3 Race sind aber schon merklich angenehmer als Conti, haben aber dafür eine sehr dünne Seitenwand, welches mir nach 50 km und einem Stein später bei einem Ultremo bewusst wurde :)


aber Chelm, wie oft wechselst du die Reifen. Entweder du fährst schon 10Jahre, die Schlauchreifen halten einfach nicht lange oder du experimentierst gerne.

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