Mitgefahren: Elbspitze

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Salera
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Mitgefahren: Elbspitze

Beitrag von Salera » Fr 11. Jul 2014, 14:27

Start: Dresden Frauenkirche um 6:30 Uhr am 4. Juli 2014
Ziel: Kitzbüheler Horn in Österreich um ca. 13:30 Uhr am 5. Juli 2014
Distanz: 615 km
Höhenmeter: 10.100
Infos: http://www.elbspitze.de/

Ich fand die ES gar nicht so schwer.
Gut, im Nachhinein kann man immer gut reden. Und der Gaisberg-Schleichweg, die > 25 % am Hirschbichl und nicht zuletzt das Horn waren für mich echt schwere Anstiege.
Trotzdem war es nicht so schwer, denn im Grunde hatte ich nur einmal Gedanken an die Aufgabe: Nach der Abfahrt von der Rossfeldhöhe stieg im Regen mein Garmin aus und ich hatte keine Streckenkenntnis. Zum Glück traf ich zusammen mit Hans-Peter auf Lars, der den Weg kannte. Jedoch fuhr Lars ein derart abartiges Tempo für meine Verhältnisse, dass es in meinem Mund nach Galle schmeckte und ich konnte nur denken: „Fuck, wenn Du jetzt reißen lassen musst, dann hast Du keine Ahnung wo es lang geht und versackst durchnässt, ausgehungert und kraftlos im Straßengraben“.
Garmin defekt, Kotzgrenze und keine Ahnung was noch kommt: An dem Punkt war ich kurz vor dem Aufgeben. Zum Glück kam der Hirschbichl… nicht, dass ich mich auf die steilsten Rampen gefreut hätte, schieben musste ich die sowieso, doch bin ich den Anstieg schon mal gefahren und wusste daher, dass ich den nächsten Verpflegungs-Stopp erreichen würde (notfalls allein).
Und ja, für das Horn habe ich die Streckenplaner im Moment der Auffahrt verflucht! Die Prozentangaben am Straßenrand schienen wie Hohn: 12 % im „moderaten“ Anfangsteil. 12 % sind das Maximum, was ich in meinem normalen Revier am Golzener „Berg“ bei Grimma erfahren kann – für 200 Meter vielleicht, doch nicht für 7 Kilometer und es wurde ja noch viel steiler… so musste ich fast ausschließlich Zick-Zack fahren und stellenweise auch schieben. Die letzten 500 Meter vor dem Alpenhaus sattelte ich wieder auf um das (vermeintliche) Finale im Fahren wegzudrücken. Doch an der Hütte war kein Zielbogen!? Auf dem Parkplatz hinter der Hütte rief Jens nur „Es sind nur noch 300 Höhenmeter!“ und öffnete die Schranke zum nochmals steileren, schmalen Finalstück. Die Bergwanderer müssen sich köstlich über mein Gekeife und Gefauche amüsiert haben! Vor mir fiel ein Fahrer quasi im Stand einfach nur noch auf die Seite! Ohh man, habt Ihr sie noch alle? Sowas nach 600 Kilometern Fahrt??? Aber egal, von oben kamen die anfeuernden Rufe der Begleiter! Wahnsinn, was für ein Rausch!!! Plötzlich nochmal ein aufbäumender Kraftschub der Oberschenkel um die letzten beiden Serpentinen im Fahren und ohne Zick-Zack zu überwinden! Geschafft! Jubelschreie! Finisher-Bier! Genial!
Mein einziges Ziel war das Ankommen. Dem habe ich alles untergeordnet. So habe ich entsprechend auch keinen einzigen Bergpunkt erfahren können oder nur einen Kilometer an der Spitze des Fahrerfeldes oder einer Gruppe gefahren, wenn man die kurze Anfahrt zum Horn mal außer Acht lässt.
Zudem hatte ich mit 2.500 Kilometern Training auf dem Rennrad 2014 nicht wirklich das Gefühl mehr leisten zu können und zu wollen. Las man doch vorher von 10.000, 15.000 oder gar 20.000 Kilometern pro Jahr! 2 mal war ich im Winter für jeweils eineinhalb Monate im Ausland und konnte dort Null(!) Kilometer Fahrrad fahren. Im März stand noch ein Halbmarathon im Laufen auf dem Programm, der auch vorbereitet sein wollte. So war die Vorbereitung notdürftig, der Elan und die Akribie in der Planung aber umso ausgeprägter.
So möchte ich meine provokante Einleitung, die ES sei gar nicht so schwer, noch kurz erklären: Im Hinterkopf hatte ich das nur rudimentäre Training. Zu Jahresbegin stand meine Maximaldistanz bei 278 Kilometer. Drei Wochen vor der ES fuhr ich dann von Leipzig zum Brocken und zurück und erhöhte damit – psychologisch wichtig – auf 400 km. Jedoch waren diese 400 Kilometer gefühlt schlimmer als die ES, hatte ich doch schlimme Kniebeschwerden und Sitzprobleme. Entsprechend habe ich bis zum Schluss an der Sitzposition gefeilt, um meine verschieden langen Beine auszugleichen. Dazu habe ich überteuerte Radhosen und Pflegeprodukte gehortet.
Die letzten 100 der 400 Kilometer der Brocken-Tour kann man getrost als „Qual“ abtun und woher die restlichen 215 km zur ES kommen sollten, dass wusste ich nicht.
So war es im Endeffekt relativ leicht: Die vielbeschriebene Hitze liegt mir gut, sogar mit weißen Sonnenschutz-Armlingen ;). Die Technik war verlässlich, Krämpfe hatte ich schon Jahre nicht mehr. Die Knie waren gnädig und auch die Luxusradhose tat Ihren Dienst.
Demzufolge bin ich mächtig stolz mich in diesem Jahr von 278 auf 615 Kilometer gesteigert zu haben.

Dem ganzen Team ein herzliches Dankeschön für die unvergessliche Zeit.
Ich möchte 2015 gern wieder teilnehmen. Nun, nachdem ich etwas Erfahrung gesammelt habe, möchte ich auch ein paar Bergpunkte einheimsen oder mal im Wind rackern. Und ich hoffe, dass es 2015 mehr als 700 Kilometer werden. Irgendwelche Ziele braucht der Mensch :-)
Dank geht auch an Matthias M. Zusammen sind wir unschlagbar! Danke, dass Du auch für mich gefinishst hast.

Dank geht auch an das Team von "Fahrrad Preisser" aus Leipzig, die meinen Bock fit gemacht haben und mich mit Rat und super Preisen unterstützt haben. Top! :hut:

Cheers!

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Andy155
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Re: Mitgefahren: Elbspitze

Beitrag von Andy155 » Fr 11. Jul 2014, 14:42

Ich kenne einige von den Leuten und weiß mittlerweile auch, wie die fahren (können). Deshalb umso mehr: Respekt und Hut ab!!

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Drahtbeen-Matscher
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Re: Mitgefahren: Elbspitze

Beitrag von Drahtbeen-Matscher » Fr 11. Jul 2014, 14:43

:ohnmacht: :anbetung:
Mein Rad fährt auch ohne Messer.

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Re: Mitgefahren: Elbspitze

Beitrag von SXHC » Fr 11. Jul 2014, 14:50

:hut: :ohnmacht: :anbetung:

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Re: Mitgefahren: Elbspitze

Beitrag von cl » Fr 11. Jul 2014, 16:38

Das Kitzbüheler Horn ist auch ohne 590 km Anreise abartig - umso mehr Respekt für diese Tortour!

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Re: Mitgefahren: Elbspitze

Beitrag von thomas » Fr 11. Jul 2014, 18:57

Schön zu lesen und :hut:
Thomas

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mreded
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Re: AW: Mitgefahren: Elbspitze

Beitrag von mreded » Fr 11. Jul 2014, 21:03

Kann mir echt nicht vorstellen 615km durchgehend auf dem Rad zu sitzen. Wahnsinn Respekt und Hut - äh Radmütze ab!
Grüße Thomas

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Re: Mitgefahren: Elbspitze

Beitrag von sippe » Sa 12. Jul 2014, 20:03

Dickes Ding! :anbetung: :hut:
"will halt auch dabeigewesen sein"-Fahrer :-D

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Floeri
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Re: Mitgefahren: Elbspitze

Beitrag von Floeri » Di 15. Jul 2014, 21:12

Geil Salera! Was für ein Ritt!!!!!

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Falcon
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Re: Mitgefahren: Elbspitze

Beitrag von Falcon » Mi 16. Jul 2014, 19:41

Was für eine Leistung!!! Großer Respekt :anbetung:

Bei so wenigen Trainigs-km muss was in Dir drin stecken.

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