Ascheffel und Nortorf - kleiner verspäteter Rennbericht

Hier kannst du reinschreiben, was du auf deinen Touren alles erlebt hast
Antworten
Benutzeravatar
Chrissi
Trainingsweltmeisterin
Beiträge:1612
Registriert:Mo 22. Okt 2007, 01:00
Wohnort:Leipzig, Gohlis
Kontaktdaten:
Ascheffel und Nortorf - kleiner verspäteter Rennbericht

Beitrag von Chrissi » Fr 9. Apr 2010, 18:44

Nach Ausfall des Straßenrennens in Breitenworbis am 21.03. begann für mich in diesem Jahr die Rennsaison am 27.03. in Ascheffel und am 28.03. in Nortorf. An beiden Rennen hatte ich bereits im Vorjahr teilgenommen und ich hatte sie, mal abgesehen vom Dauerregen während des gesamten Rennens in Ascheffel, beide in guter Erinnerung behalten. Denn so rar Frauenradrennen sowieso schon sind, desto seltener gibt es sie, mal abgesehen von Bundesliga- oder Weltcuprennen, gar mit einer so großen Beteiligung – 2009 gab es ein Fahrerinnenfeld von rund 40 Frauen. Auch in diesem Jahr war die Startliste vielversprechend. Neben vielen deutschen Teilnehmerinnen hatten sich erneut zahlreiche Däninnen und Niederländerinnen angemeldet, in der Summe rund 30 Frauen. Mit der Begründung die Beteiligung sei in den Vorjahren zu gering gewesen und die Frauen würden im Rennen zu sehr bummeln, so dass der Zeitplan nie eingehalten werden konnte, legte die Rennleitung jedoch im Vorfeld bereits fest, dass dieses Jahr ein gemeinsamer Start mit den Senioren 3 und 4 erfolgen sollte. Dennoch würden die Frauen eine eigene Wertung erhalten.

Und nicht nur die Startaufstellung war in Ascheffel dieses Jahr ganz anders. Der Wetterbericht hielt, was er versprochen hatte und es gab erstaunlicherweise keinen Regen. So konnte ich mich gut aufgewärmt und vor allem trocken gegen 13 Uhr in die Startreihe stellen und schon kurz darauf wurden wir mit dem Startschuss auf die erste von vier zu fahrenden 16,5 km langen Runden geschickt. Gleich hinter der Startlinie lauerte auch die vermeintlich größte und einzige Schwierigkeit auf dem gesamten Kurs: ein etwa 500m langer Anstieg mit vielleicht maximal 6%iger Steigung. Nichts, was einem unweigerlich Angst einflößen muss, gehören doch die Kohlenstraße oder der Golzerner Berg zum unmittelbaren Trainingsumfeld einer Leipzigerin. Dennoch: Der „Naturpark Hüttener Berge“, in dem Ascheffel liegt, hat zumindest ansatzweise etwas vom Charme des Muldentals. Außerdem war dieser „Berg“ schon im Vorjahr die entscheidende Stelle, bei der im Feld ausgesiebt wurde. Die erste Runde kam mir relativ ruhig vor. Ich hatte keinerlei Probleme im Feld mitzufahren. Scheinbar sahen sich alle erst mal die Strecke an, was auch ganz gut war, denn zwischendurch gab es ein längeres Stückchen Strecke, das, vom Winter gezeichnet, zahlreiche kleinere Schlaglöcher, hatte, so dass auch vorsichtig gefahren werden musste. Und schon ging es auch wieder das Hügelchen im Start-/ Zielbereich hinauf. Ich hatte immer noch sehr gute Beine und stiefelte an so einigen Frauen und Senioren vorbei. Nun bemerkte ich aber meinen Fehler: Ich hatte mich mal wieder viel zu weit hinten im Feld aufgehalten. Die Bergkuppe hinter mich gebracht, klaffte vor mir eine Lücke von vielleicht 15m zur Spitze, dazwischen zwei einsam versprengte Senioren. Was nun? Ich nahm alle Kraft zusammen und versuchte die Lücke zuzufahren. Die Senioren machten leider nicht mit. Ich begann zu zweifeln, ob ich es schaffen könnte, das Loch zu schließen, und war schon kurz davor aufzugeben. Dann wagte ich aber einen kurzen Blick zurück und erkannte, dass etwa 30m hinter mir immer noch ein größeres Feld vorhanden war. Also, kurz rausnehmen, verschnaufen, in dem Feld abtauchen und sich dann wieder an die Spitze ranfahren lassen. Alles noch mal gut gegangen! Alle Fahrer- und Fahrerinnen waren wieder zusammen. Nun versuchte ich umso aufmerksamer eine vordere Position im Feld zu finden, was mir bis zum Ende des Rennens auch ganz gut gelingen sollte. Um mich an etwaigen Fluchtversuchen zu beteiligen, fehlte mir aber noch etwas die Kraft. Zum Glück werden alle Versuche vereitelt. Auf den verbleibenden drei Runden daher keine besonderen Vorkommnisse mehr. Und dann, die letzten 1000m. Ich fahre mit vor, als eine Fahrerinnen antritt. Noch immer gute 600m bis zum Ziel. Im Feld wird um die beste Ausgangsposition für den Sprint gekämpft. Ich hoffe, nicht umgefahren zu werden und fahre lieber etwas defensiver. Bevor gesprintet werden kann, muss zunächst noch eine Verkehrsinsel umfahren werden und nun kommt es darauf an. Ich nehme die letzte Kraft für den Zielsprint zusammen, komme auch noch an einigen Frauen und Senioren vorbei, habe aber eigentlich gar kein Gefühl dafür, ob ich nun weit vorne bin oder nicht. Und dann die Überraschung! Es hat für Platz 6 gereicht. Zwischen den ganzen Däninnen und Niederländerinnen sogar zweite Deutsche.

Ganz frisch fühle ich mich am nächsten Morgen nicht mehr, als ich mich auf den Weg nach Nortorf mache. Aber erst mal abwarten, denke ich, schließlich haben alle anderen auch schon ein Rennen in den Beinen. Das Wetter scheint es auch noch mal gut zu meinen. Es ist zwar sehr bewölkt, aber bislang kein Regen. Wieder fahre ich mich eine gute Stunde warm und bekomme nun doch schon die ersten Regentropfen ab. Aber als ich mich gegen 13 Uhr an den Start stelle, ist es wieder trocken. Die KT-Fahrer werden eine Minute vor uns auf die dieses Mal nur knapp 12km lange Runde geschickt. Sie müssen heute 8 Runden, wir - zum Glück - nur 4, fahren. Im Vergleich zum Vorjahr wurde die Strecke vollständig geändert. Der Kurs: bis auf zwei Autobahnbrücken wieder komplett flach, dafür aber diverse 90° Kurven, schmale Straßen und zahlreiche Möglichkeiten um Windkante zu fahren. Und kurz nach dem Start ein besonderes Schmankerl: eine enge S-Kurve inklusive Straßenverengung auf 2m, Kantstein und 3m Crosseinlage über groben Sand. Von der Theorie her ist klar: Hier sollte man vorn sein, damit man nicht unnötige Körner verbraucht, um wieder ans Feld ranzufahren. In der Praxis gelingt es mir allerdings nur in der letzten Runde, dies auch umzusetzen. Die übrigen drei Runden muss ich dauernd kämpfen, nicht den Anschluss ans Feld zu verlieren. Immer wieder wird es ziemlich knapp und Mut macht mir eigentlich nur noch, dass um mich herum viele andere genauso beißen müssen. Ganz unerwartet befinde ich mich schließlich in der letzten Runde in einer relativ guten Ausgangsposition für den Massensprint, zu dem es unweigerlich kommen wird. 400m vom Ziel entfernt, fahre ich auf der rechten Seite des Feldes, der Wind kommt von links vorn. Zwei Niederländerinnen schießen rechts an mir vorbei. Ich erkenne meine Chance, will antreten, mich mit in Richtung Zielstrich ziehen lassen. Leider muss ich dazu noch an zwei Senioren vorbei, die schon etwas rumeiern. Ich zögere kurz, traue mich dann doch und muss auf den Seitenstreifen ausweichen. Nun ist es gelaufen. Bevor ich wieder auf der Straße bin, vergehen einige Schrecksekunden. Nun sind es noch eine S-Kurve, 150m bis ins Ziel. Mir fehlt etwas die Kraft in den Beinen und im Vergleich zum Rennen des Vortags ist alles noch unübersichtlicher. Es gibt kein Durchkommen mehr. Am Ende erstaunt es mich fast, dass es dennoch Platz 14 geworden ist. Trotzdem bin ich auch etwas enttäuscht und spekuliere, was ohne meinen Ausflug auf den Randstreifen passiert wäre. Das Wetter schlägt nun doch noch entgültig um: Hagel. Aber jetzt sind ja nur noch die KT-Fahrer unterwegs.

Immerhin: In beiden Rennen habe ich meine Vorjahresplatzierung verbessert. Aber als Fazit nehme ich mit, dass ich noch viel an Rennerfahrung gewinnen muss, um am Ende vielleicht wirklich mal ganz vorn landen zu können.
Giro_N618.jpg
Giro Nortorf - Quelle: www.rsg-mittelpunkt.de
IMG_7855.jpg
Rund um Ascheffel - Quelle: www.athletico-radsport.de
Bild

Benutzeravatar
Charlie
Sonntagsfahrer
Beiträge:7377
Registriert:Fr 2. Nov 2007, 01:00
Name:Marcel

Re: Ascheffel und Nortorf - kleiner verspäteter Rennbericht

Beitrag von Charlie » Fr 9. Apr 2010, 19:07

:daumen:

Benutzeravatar
Uhle
Beiträge:3565
Registriert:Di 13. Mai 2008, 01:00

Re: Ascheffel und Nortorf - kleiner verspäteter Rennbericht

Beitrag von Uhle » Fr 9. Apr 2010, 19:10

:hut:

Benutzeravatar
Rudy
Beiträge:1877
Registriert:Mo 6. Aug 2007, 01:00
Name:++++
Wohnort:Leipzig Nord
Kontaktdaten:

Re: Ascheffel und Nortorf - kleiner verspäteter Rennbericht

Beitrag von Rudy » Fr 9. Apr 2010, 20:08

Super Ergebnis und Super Bericht :daumen:
BildSportler leben nicht länger Sie sterben nur gesünder.

Benutzeravatar
Wieselflink
Beiträge:262
Registriert:So 9. Aug 2009, 19:51
Name:Norbert
Wohnort:Leipzig Zentrum

Re: Ascheffel und Nortorf - kleiner verspäteter Rennbericht

Beitrag von Wieselflink » Fr 9. Apr 2010, 20:51

Fast schon ein kleiner Krimi :)
Schön geschrieben Chrissi und super gefahren! :daumen:

Benutzeravatar
sippe
Pain Face
Beiträge:3369
Registriert:Mi 18. Mai 2005, 13:17
Name:Sebastian Staeubert
Wohnort:Leipzig, Bitterfeld

Re: Ascheffel und Nortorf - kleiner verspäteter Rennbericht

Beitrag von sippe » Fr 9. Apr 2010, 23:36

Glückwunsch! :daumen:
"will halt auch dabeigewesen sein"-Fahrer :-D

Benutzeravatar
dieoase
Beiträge:370
Registriert:Mi 18. Mär 2009, 01:14
Name:Thomas
Wohnort:München / West + Osterzgebirge ;)
Kontaktdaten:

Re: Ascheffel und Nortorf - kleiner verspäteter Rennbericht

Beitrag von dieoase » Sa 10. Apr 2010, 06:55

:daumen: und dein Bericht war ja auch ein Schmankerl, danke! :-)
"Radsport ist die beste Kommunikationsform überhaupt. Es gibt nichts Vergleichbares. Es ist egal, ob Doping drin ist oder nicht!"

Bild

Antworten